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Feilkode 418

Schaffen wir eine neue Kultur! Weil Menschsein mehr ist als Ökonomie!

Schaffen wir eine neue Kultur! Weil Menschsein mehr ist als Ökonomie! · Sachbücher

Menschsein bedeutet so viel mehr als das Streben nach finanziellem Gewinn.

Hva vil du med boka?

Wenn der Mensch, wenn Regierungen und Unternehmen aus Profitgründen das Leben an sich, in Form des Menschen, der Arten, der Ökosysteme gefährden, wenn also das Leben missachtet und seine Erhaltung nicht mehr gewährleistet ist, dann ist die Gesellschaftsordnung, die dieses Verhalten zulässt, ebenso gefährdet. Daraus ergibt sich für mich die Notwendigkeit der Veränderung, der Weiterentwicklung, des Weiterdenkens unserer Ordnung. Dabei ist die Motivation nicht, die gegenwärtige, auf Wirtschaft und Profit gründende Ordnung schlecht zu machen. Der Mensch war immer ein wirtschaftender Mensch. Es geht vielmehr um das Aufzeigen von Alternativen, neuen Ideen und Denkansätzen, die humanitär geprägt sind und einen Anfang für die notwendige Veränderung darstellen können. Es geht um Werte, auf denen diese neuen Ideen gründen und die ein Fundament bilden können für die Weiterentwicklung hin zu einer besseren Kultur. Denn die Begrenzung des menschlichen Lebens allein auf die Ökonomie führt zu einer Verarmung unseres Lebens. Zitat: „Ich möchte nicht auf den Mars, nicht mal auf den Mond, nein, ich habe ein mindestens genauso unerreichbares Ziel. Ich möchte, dass alle Menschen in Kulturen leben, die ihren menschlichen Eigenschaften gerecht werden und in der sie ihre Fähigkeiten frei entfalten können. In Kulturen des Zusammenlebens, in der der Mensch in der Lage ist, das Höchste zu erreichen, das ihm möglich ist. In denen er so kulturvoll und kunstvoll leben kann, wie er es vermag.“

Om forfatteren

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Tom Reimer, Jahrgang 1976, promovierter Neurobiologe, studierte Biologie, Germanistik und Philosophie, schreibt Gedichte und initiiert und realisiert eigene Projekte mit der Grundmotivation, unser Zu...

Schaffen wir eine neue Kultur!

Weil Menschsein mehr ist als Ökonomie!


Manuskript

Tom Reimer




Inhaltsverzeichnis

Prolog 4

1 Anreiz 7

2 Menschsein 11

Der Wert der Familie 22

Die Achtung vor der Natur 23

Die Freiheit der Bildung 24

Die Risikobereitschaft, der Mut, die Courage 25

Der Frieden und der Verzicht auf Gewalt 26

Die Muttersprache, die Dichtung 26

3 Kultur 31

Familie und Hormone 31

Natur und Irrtum 33

Dinge und Wachstum 37

Bildung und Stagnation 39

Macht und Leere 42

Gewalt und Frieden 45

Wolf und Viren 48

4 Anfang 53


Menschliches Leben ist mehr als Ökonomie. Es ist von der Vielfalt der Möglichkeiten durchdrungen, die uns unser Gehirn, unsere körperliche Konstitution und die Natur, die uns umgibt und zu der wir gehören, kostenlos geben. Es ist ein Sein, in dem diese Möglichkeiten und die dem Menschen gegebenen Eigenschaften zur Entfaltung kommen. Ein Sein, das eine Kultur gestaltet. Ein Sein, das auf menschlichen Werten gründet.

Bestimmt die Ökonomie allein unser Handeln, verarmen wir körperlich und geistig. Wir schaffen eine einseitig geprägte Kultur, die unseren Fähigkeiten nicht gerecht wird. Das Leben verliert an Ästhetik und Schönheit. Die Orientierung auf den Profit verhindert Entdeckungen und Entwicklungen, deren Anreiz nicht der monetäre Erfolg ist. Das Sein entfernt sich vom Menschsein, weil gerade das, was das Menschsein ausmacht, überdeckt und verdrängt wird.

Mit diesem Text möchte ich nicht erklären, wie unsere politisch-wirtschaftliche Gesellschaft funktioniert, wie sie beeinflusst und gesteuert wird. Ich möchte auch nichts Verborgenes aufdecken oder entlarven noch mir anmaßen, Vorhersagen für die Zukunft zu treffen. Ich formuliere lediglich Gedanken, Ideen und Ansätze, die weitergedacht werden können, mit dem Ziel, unser Leben reicher zu machen. Reicher an menschenwürdiger Kultur. Denn Menschsein bedeutet so viel mehr als das Streben nach finanziellem Gewinn.




.



.Prolog


Es gibt keine positiven Visionen für die Zukunft? Keine Narrative, die mögliche Wege aufzeigen und Orientierung schaffen können? Junge Menschen sehen die Zukunft schwarz und erwarten eher eine Verschlechterung ihrer Lebensqualität? Wir können lediglich versuchen, den Status quo zu erhalten? Wer denkt so? Wer sagt das?

Sind es Buchautoren, Journalisten, Nobelpreisträger, Psychologen und Philosophen, Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft? Sind es die Menschen, die unsere gegenwärtige Gesellschaft aufgebaut, in ihr gelebt, von ihr profitiert haben und weiterhin profitieren? Was bringt sie zu dieser Einstellung? Warum fällt ihnen selbst nichts ein? Warum können sie keine eigene, neue Vision entwickeln?

Fällt ihnen nichts ein, weil sie ihre Ziele, ihre alte Vision, ihre Erwartung einer besseren Zukunft, die sie einst selbst hatten, bereits verwirklicht sehen? Die Vision einer Gesellschaft, die nach materiellem Wohlstand strebt und zum großen Teil in materiellem Wohlstand lebt. Einer Gesellschaft, in der dieser Wohlstand erreicht wird, weil der Markt für sämtliche Bedürfnisse des Menschen verantwortlich ist. In der die Ökonomie alle Lebensbereiche dominiert. Die Vision, der globalen Ausbreitung und Etablierung dieses Prinzips und damit der Verbesserung der materiellen Lebensqualität von Milliarden Menschen weltweit.

Dafür haben diese Menschen gelebt. Das haben sie erreicht. Nun stehen sie da und wissen nicht weiter. Sie können sich keine andere oder bessere Zukunft vorstellen. Keine anderen Prinzipien der Weiterentwicklung, die zur Steigerung der Lebensqualität führen. Die Ursache dafür liegt möglicherweise in den Werten, die sie ihrem Leben zugrunde gelegt haben.

Es sind wirtschaftliche Werte wie Gewinnmaximierung, Konkurrenz oder die Freiheit des Kapitals, die heute als Voraussetzung für die Steigerung des materiellen Wohlstands gelten und etabliert sind. Doch was in der Vergangenheit durchaus nützlich und positiv war, führt heute zum Zerfall unserer Gesellschaft.

Dieser Zerfall ist nicht allein durch Entsolidarisierung und soziale Isolation gekennzeichnet, sondern auch durch eine Resignation ausgelöst durch die Stagnation der Funktionsprinzipien unserer Gesellschaftsordnung. Die Prinzipien, die unserer Ordnung zugrunde liegen, funktionieren zwar zum Teil gut, vielleicht auch zu einem großen Teil, aber sie sind alt. Wir ruhen uns auf ihnen aus, weil es bequem ist und weil es schwer ist, von Bewährtem abzuweichen, und neue Wege zu gehen. So verwalten wir dieses alte Bewährte und laufen Gefahr, die Fähigkeit zur kreativen Weiterentwicklung, zur Bewegung und Veränderung zu verlieren. Bewegung ist jedoch eine Grundeigenschaft des Lebens. Es kann nicht still stehen ohne zu sterben. Wir vergessen, dem Neuen eine Chance zu geben.

Stattdessen produzieren wir nach immer gleichem Schema technische Neuerungen, die zu einem großen Teil allein davon getrieben sind, Profite zu machen. Diese Neuerungen können unser Leben erleichtern und auch verbessern. Das ist das Gute. Sie können jedoch auch unabsehbare Folgen haben, die zu einer Verschlechterung führen. Es ist unklar, welche Auswirkungen tausende von Satelliten in der Erdumlaufbahn auf das Klima haben könnten, warum enorme Ressourcen verbraucht werden, um einzelnen Menschen den Flug ins All zu ermöglichen, ob Roboter, synthetische Biologie, online-Bestellungen, die Kommunikation über soziale Netzwerke, Videoplattformen und virtuelle Metaversen unser Leben überhaupt und wenn ja, auch nachhaltig verbessern.

Führen die technologischen Neuerungen zu einer Entwicklung hin zu einem menschlicheren Zusammenleben? Zu einem Zusammenleben, das unsere Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpft? Oder sind sie nur Teil der Stagnation?

Wir erleben zwar die ständige und immer schneller werdende Neuentwicklung von Produkten, und es ist erstaunlich zu sehen, zu welchen Leistungen der menschliche Geist, getrieben durch den Willen zu finanziellem Erfolg, fähig ist. Und mit einiger Sicherheit ist es genau das, das profitgetriebene Produzieren, was die oben genannten Befürworter, die sich nichts Anderes vorstellen können, als gesellschaftlichen Fortschritt ansehen.

Doch wird nicht auch ihnen klar, dass die Endlosschleife aus technologischer Innovation, Produktion und monetärem Gewinn nicht mehr ausreicht, um einer Gesellschaft auf Dauer, über mehrere Generationen hinweg, einen Lebenssinn, eine Motivation, einen Halt zu geben?

Menschlicher Wohlstand bedeutet nicht allein, dass es uns materiell gut geht. Das Leben als vereinzelte Individuen, die ausschließlich auf das eigene Wohl bedacht sind, den Nachbar als Konkurrenten sehen und versuchen, ihn zu übertrumpfen, ist ein armes Leben. Ein Leben, das primär aus Lohnarbeit besteht, für die der Konsum entschädigen soll, wird dem Menschen nicht gerecht. Menschlicher Wohlstand bedeutet, in einer Kultur zu leben, die die Vielseitigkeit unserer Fähigkeiten und Bedürfnisse berücksichtigt und diese befriedigt bzw. zur Geltung kommen lässt.

Gegenwärtig besteht ein Konflikt zwischen den Anhängern der Werte der global expandierten ökonomischen Kultur und den sich herausbildenden und stärker werdenden sozioökologischen und humanitären Werten. Sind beide miteinander vereinbar? Wir stehen am Übergang.

Für diesen Übergang brauchen wir neue Ideen und Vorstellungskraft. Wir finden uns nicht mit der Aussage ab, dass es scheinbar keine positive Vision für die Zukunft gibt oder geben kann! Wir ziehen uns nicht zurück und warten darauf, dass es schlechter wird, weil es ja so gut ist, dass es nur noch schlechter werden kann. Dieses Denken ist unbegründet.

Ihnen, sehr geehrter menschlicher Leser, fallen ganz sicher nicht nur ein paar Lebensumstände ein, die Sie gern ändern oder verbessern würden, sondern, wenn Sie etwas länger darüber nachdenken, fällt Ihnen eine ganze Liste ein. Aufgrund der Unterordnung unseres Lebens unter das monetäre Prinzip, die Herrschaft des Geldes, den Primat des Kapitals, sind gerade im zwischenmenschlichen Bereich, im Bereich der Kunst und Kultur und in der Natur unzählige Missstände entstanden.

Den Befürwortern und Profiteuren der gegenwärtigen Kultur - ich nenne sie ökonomische Kultur, wenngleich sie eher eine Unkultur ist, da sie dem Menschlichen im Menschen nicht entspricht - denen nichts Neues einfällt und die sehen, dass ihre Ideen verwirklicht sind, sich jedoch im gegenwärtig gegebenen Rahmen nicht weiterentwickeln können, jedenfalls nicht derart, dass das menschliche Leben sich verbessert, ist mit Sicherheit daran gelegen, neue Ideen zu entwickeln und zu unterstützen. Auch sie blicken mit Sorge auf die gesellschaftliche Stagnation und vielleicht auch auf die Folgen der globalen Ausbreitung ihrer Idee.

Es gibt also enormes Verbesserungspotential und die Motivation trotzig zu sein und zu sagen: „Nein, wir machen eine Vision für eine bessere Zukunft! Trotz des noch vorherrschenden Mainstreams!“. Die Betonung liegt auf „machen“, denn damit sich etwas ändert, müssen wir etwas tun.







.1 Anreiz


Der Mensch war und ist immer ein wirtschaftender Mensch. Er sorgt für seinen Nachwuchs, für Nahrung, Wasser, Behausung, für den Schutz vor dem Wetter, vor Naturgewalten, vor Feinden. Diese Dinge muss er erwirtschaften, das heißt, er muss sie, wenn er sie nicht hat, durch Arbeitsleistung schaffen oder durch Tausch oder Bezahlung erlangen. Sie sind für ihn lebensnotwendig. Hat er sie erwirtschaftet, ist sein Überleben gesichert. Er kann in der übrigen Zeit anderen Tätigkeiten nachgehen.

Als Student war ich frei. Meine Eltern zahlten mir einen geringen Betrag, der jedoch für Miete, Nahrung und einen PKW Trabant deluxe genügten. So konnte ich zu Vorlesungen gehen, durch die Stadt schlendern, Bücher lesen, Gedichte schreiben, Kabarett spielen und Beziehungen auf- und wieder abbauen. Materiell besaß ich kaum etwas und bis auf eine liebende und geliebte Partnerin fehlte mir nichts. Ich lebte wie ein Millionär ohne große materielle Ansprüche.

Dieses freie Leben war mit einiger Sicherheit von besonderer Bedeutung und hatte Einfluss auf meine persönliche Zukunft. Das Leben in relativer Freiheit ermöglicht es, in den Bereichen, die uns wirklich interessieren, Erfahrungen zu sammeln. Es ermöglicht sogar erst, dass wir herausfinden, was uns wirklich interessiert. Hat man diese Freiheit kennengelernt und verliert sie im Laufe des Lebens, strebt man danach, sie wieder zu erlangen. Jedenfalls war es bei mir so. Man kann sich selbstverständlich auch mit den Verhältnissen abfinden und seine Freiheit begrenzen bzw. begrenzen lassen. Ich kann jedoch nur von mir und meinem Empfinden berichten und werde das an einigen Stellen dieses Textes tun, um die Gedanken etwas aufzulockern und in der Hoffnung, den Leser dadurch etwas weniger stark zu langweilen.

Die Mehrzahl der heutigen Studenten hat nicht die Zeit und die Freiheit, sich auf die ganz eigenen Interessen zu konzentrieren. Karriereziele und das Streben nach hohem Verdienst bestimmen häufig die Wahl der Ausbildung. Aber gerade das sich Ausprobieren, das Fehlermachen, das sich mit verschiedenen Dingen Beschäftigen, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir einen Platz finden, an dem wir unseren Talenten entsprechend wirksam werden können, an dem wir zufrieden sind und etwas geben können. Geben und die Außenwelt wahrnehmen können wir jedoch erst, wenn wir wissen wer wir sind, wenn wir unsere Innenwelt kennen, wissen was uns wichtig ist und was wir können. Gelingt uns das nicht, sind wir mitunter unser ganzes Leben mit uns selbst beschäftigt und kommen nicht weg vom Blick nach innen zum Blick nach außen.

Gerade als Student muss man sich die Zeit für seine Interessen nehmen! Unter allen Umständen! Ich wollte immer schreiben, Musik machen und malen. Das will ich heute noch. Mich interessierten aber auch die Naturwissenschaften, die Medizin, die Philosophie, die Germanistik und die Geschichte. Später kamen die Wirtschaft und die Politik hinzu. Wie sollte ich das mit dem Studium unter einen Hut bringen? Ich nahm mir die Freiheit und ging nicht nur zu Biologievorlesungen, dem Fach, für das ich an der Universität eingeschrieben war. Ich ging zu allen Vorlesungen, die mich ansprachen. Ob zu Platons Staatstheorien, zu Wilhelm Meisters Lehrjahren oder zu einer Vorlesung in Humangenetik, in der es vor allem um den medizinischen Umgang mit Geschlechtsdimorphismen ging, da dieses Thema das Spezialgebiet des lehrenden Professors war. Außerdem versuchte ich mich im Kabarett.

Meine Eltern machten das nicht sehr lange mit und strichen mir die Bezüge. Die Regelstudienzeit war überschritten. Also besorgte ich mir mehrere Jobs, um Zeit zu gewinnen und weiter studieren zu können. Die Jobs bestimmten zwar nicht mein Leben, da sie nicht den größten Teil meiner Zeit in Anspruch nahmen, und doch war ich drin im System und musste für die lebensnotwendigen Dinge selbst sorgen.

Was will ich mit diesem kurzen Exkurs in mein eigenes Leben sagen? Sind die lebensnotwendigen Dinge gesichert, können wir uns um uns kümmern, herausfinden wer wir sind, wie wir leben wollen, worum es in unserem Leben gehen könnte, um danach den Blick nach außen zu richten, uns in die Gesellschaft einzubringen.

Wir benötigen dafür Zeit, die wir uns, wenn sie uns nicht gegeben wird, unter allen Umständen erkämpfen müssen. Richten wir unsere Aufmerksamkeit allein auf monetäre Ziele, vernachlässigen unser Inneres, besteht die Gefahr, dass wir unsere Fähigkeiten nicht erkennen und sie somit nicht entwickeln und entfalten können.

Gehorchen wir allein dem Anreizsystem des Geldes, entfernen wir uns von uns selbst. Wir verlieren damit die Voraussetzung des Erlangens von Selbstkenntnis, dem Wissen über unsere Talente und Fähigkeiten. Diese Selbstkenntnis ist jedoch essentiell, um in der uns umgebenden Welt, unseren Interessen entsprechend wirksam werden zu können.

Wir lernen aber diese Interessen gar nicht erst kennen, wenn wir von vornherein das von außen kommende und beständig propagierte Bestreben nach möglichst hohem Verdienst als Hauptinteresse annehmen und andere Interessen diesem Bestreben unterordnen. Das kann dazu führen, dass wir nicht weitersuchen und die Dinge nicht entdecken, die unsere Möglichkeiten, unsere Optionen stark erweitern würden.

Durch die gesellschaftliche Verbreitung der Fokussierung auf das Ziel, möglichst viel zu verdienen, entstehen immer mehr Menschen, die nur einseitig geprägte Fähigkeiten herausbilden. Sie stabilisieren und stärken das Anreizsystem, machen die Gesellschaft aber zugleich fragiler, weil eine einseitig ausgerichtete Kultur kaum anpassungsfähig und wesentlich anfälliger für unerwartete, nicht vorhersehbare Ereignisse und Veränderungen ist, als eine Kultur, die auf vielfältigen Werten und Fähigkeiten beruht.

Natürlich können wir Jobs annehmen, allein um Geld zu verdienen und dort etwas leisten, so wie ich als Student und zahllose Mitmenschen, jedoch sind die Leistungskraft und die Zufriedenheit wesentlich höher, wenn die Arbeit uns entspricht. Aber nicht nur wir sind dann zufriedener.

Eine Einseitigkeit der Interessen lässt unsere Kultur verarmen. Vielseitigkeit bereichert sie. Wenn wir also Tätigkeiten nachgehen, die uns wirklich entsprechen, hat das positive Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaft.

Kehren wir zum Anfangspunkt zurück. Hat der Mensch die für sein Überleben notwendigen Dinge erlangt, kann er in der übrigen Zeit anderen Tätigkeiten nachgehen. Er kann Beziehungen aufbauen und pflegen, er kann sich neue Fähigkeiten aneignen, die Natur beobachten und von ihr lernen, sein Umfeld gestalten, kreativ tätig werden und Neues erschaffen. Er kann die Zeit für Ruhe, für Muße oder für die Kunst verwenden. Er kann sich Gedanken machen. Er kann in dieser Zeit mithelfen, eine Gesellschaft, eine Kultur aufzubauen oder weiterzuentwickeln. Diese Dinge sind menschlich. Sie lassen den Menschen erst zum Mensch werden. Und es sind genau die Dinge, die neue Anreize sein können.


Sie denken jetzt vielleicht, das klingt gut aber woher nehme ich die Zeit dafür? Mein Überleben ist nicht gesichert. Ich muss arbeiten, um meine Miete zahlen, meine Nahrung und Mobilität kaufen zu können. Als lohnarbeitender und selbständiger Familienvater kann ich das gut nachvollziehen. In der gegenwärtigen ökonomischen Kultur hat nur ein kleiner Teil der Menschen diese Zeit. Die Mehrheit hat sie nicht. Sie nimmt sie sich auch nicht, da sie sich wirtschaftlichen Zwängen unterworfen und die vorgegebenen Werte angenommen hat.

Wann haben Sie die Natur zuletzt bewusst wahrgenommen? Wann waren Sie das letzte Mal in einem Konzert? Wann haben Sie ein Lied gesungen? Wann waren Sie kreativ? Wann hatten Sie Zeit für Ihre Angehörigen, ihre Eltern, ihre Kinder? Wann für die Liebe? Haben Sie die Freiheit, sich diese Zeit zu nehmen?

Das Verhältnis zwischen der Zeit für die Lohnarbeit und der Zeit für die anderen Tätigkeiten beeinflusst unser Zusammenleben. Wird sämtliche Zeit für das Überleben verbraucht, können Potenziale und Fähigkeiten nicht genutzt werden, und das Zusammenleben wird ein trister, grauer Kampf. Bleibt viel Zeit für die Tätigkeiten, die das Menschsein ausmachen, kann das Gegenteil der Fall sein.


Als meine Kinder zur Welt kamen, änderte sich der Bedarf an finanziellen Mitteln. Erfahrungen hatte ich in verschiedenen Anstellungen im Wasserbau, bei der Post, als Dozent, Kabarettist und wissenschaftliche Hilfskraft während des Studiums gesammelt. Außerdem war ich selbständig als Promoter unterwegs und beschäftigte mich nebenbei intensiv mit Massenpsychologie und Börse. Das Ziel bestimmt der Hälfte dieser Aktivitäten war allein Geld zu verdienen, um Zeit für die mir wirklich wichtigen Dinge zu gewinnen. Für das Studieren, das Lesen, das Ausprobieren, Gedichteschreiben, die Musik.

Es war nicht leicht, nach dem Studium Tätigkeiten zu finden, die sowohl meinen Interessen entsprachen, Zeit für die Kinder, die Beziehung, das Schreiben dieses Textes, das Lesen und die Umsetzung von Ideen ließen, als auch die monatlich notwendige Summe einbrachten. Doch es war möglich und zu einem großen Teil gelang es.

Das Verdienen oder das Machen von Geld ist zwar in unserer heutigen Gesellschaftsform eine Notwendigkeit, um die überlebensnotwendigen Dinge zu erlangen, aber es kann kaum das primäre, lebensbestimmende Ziel eines Menschen sein, wenn er nach seinen individuellen und seinen menschlichen Eigenschaften leben will. Es kann, wenn ich meiner Natur Beachtung schenke, nicht der einzige und wichtigste Anreiz für die Gestaltung eines menschenwürdigen Lebens sein.

Verbringe ich meine Lebenszeit allein mit einer Lohnarbeit, die nicht meinen Interessen entspricht oder richte ich meine gesamte Aufmerksamkeit auf das Anhäufen von Reichtum, ist mein Leben arm und einseitig geprägt. Macht das ein Großteil der Bevölkerung eines Landes, ist seine Kultur ebenso arm und einseitig. Man erkennt das beispielsweise an formlosen Zweckbauten (der Zweck ist der Profit) in den Städten, neuen Einfamilienhaussiedlungen ohne kulturelle Infrastruktur, uniformen Vorgärten (die keine Gärten sind), geputzten böse blickenden Autos oder an einem starren Bildungssystem.


Wir könnten uns für andere Anreize entscheiden und den Anreiz der Gewinnung von Geld und monetärem Reichtum als untergeordnet, als höchstens tertiär einstufen. Dazu müssen wir uns von den Umständen befreien, die uns davon abhalten. Von der Angst vor dem Scheitern, von der Bequemlichkeit des Bleibens, des Festhaltens am Alten, der Unterordnung unter Überholtes, dem Überlassen der Verantwortung den anderen, vermeintlich Intelligenteren.

Wir könnten, und das ist der erste Vorschlag dieses Aufsatzes, neue Anreize in die Öffentlichkeit stellen und an die erste Stelle holen. Natürliche Anreize, die schon entstanden und vorhanden sind, die sich jedoch noch nicht durchgesetzt haben, noch unterdrückt werden oder die noch nicht ausreichend ins Bewusstsein getreten sind. Anreize, die einen Antrieb, eine Motivation aus Liebe statt aus Angst schaffen. Anreize, die auf ethischen und humanitären Werten beruhen.


.2 Menschsein


Einige Jahre lebte ich in einer kleinen Wohnung in der Innenstadt mit Ofenheizung, Dusche in der Küche und schönem alten Dielenfußboden. Vermieter war eine Wohnungsgenossenschaft, die das Haus jedoch nach zwei Jahren an zwei Privatpersonen verkaufte. Diese begannen das Haus zu sanieren. Ich weigerte mich auszuziehen, so dass sie um mich herum sanierten, das Haus komplett einrüsteten und mich eines Morgens mit dem Herausstemmen des Mauerwerks für den Einbau einer Balkontür weckten. Ich zahlte keine Miete mehr und lebte mit einem Schutthaufen im Wohnzimmer. In den anderen Wohnungen rissen sie die alten Türen raus, ersetzten sie durch Billigvarianten aus dem Baumarkt und klebten Laminat auf die Dielen. Ihr Ziel war klar – mit dem geringstmöglichen Aufwand den größtmöglichen Profit zu generieren. Dabei war ihnen alles andere egal. Sie erreichten dann gerichtlich, dass ich ihre Sanierung nicht behindern durfte und trugen meinen Kram, inklusive Klavier, ein Stockwerk tiefer in eine bereits sanierte Wohnung. Diese gefiel mir nicht, so dass ich nach einigen Monaten eine Straße weiter in eine noch unsanierte Wohnung mit alten Türen und Dielenfußboden zog. Nach und nach wurden sämtliche Häuser im Viertel saniert, die Mieten stiegen und es gab keine Wohnungen mehr für Studenten, Künstler, Menschen mit geringem Einkommen. Das Viertel wurde langweilig und monoton. Die Häuser waren billig saniert, gleich und gleich teuer. Eine bestimmte Klientel herrschte vor. Die Vielfalt war zerstört. Es gab kaum Optionen, die Lebensweisen waren begrenzt.

Die kurze Geschichte verdeutlicht am Beispiel des Umbaus eines Wohnviertels, wie stark unser Leben vom rein monetären Denken durchdrungen ist und wie dies dem Zusammenleben schaden kann. Die Priorisierung der Profitabilität in der Bauwirtschaft lässt häufig Gebäude entstehen, die jeglicher Ästhetik entbehren. Das Streben nach dem eigenen Profit unterdrückt in diesem Fall das Streben nach Schönheit. Zwar werden Häuser saniert, doch hat dieses Unterfangen lediglich den Anspruch und die Motivation, für den Investor wirtschaftlich zu sein und Gewinn abzuwerfen. Das ist jedoch zu wenig, wird dem Menschen nicht gerecht und verhindert ein mögliches, kulturvolles Zusammenleben in einer angenehmen und anregenden Umgebung.

Die Architektur prägt den Menschen und so darf es uns nicht wundern, wenn eine Stadt aus glatten, kalten und sterilen Glas-Stahl-Betonbauten auch glatte und kalte Menschen hervorbringt. Das es anders geht, zeigen zahlreiche von kreativen Architekten entworfene wunderbare Gebäude oder ganze Stadtviertel.

Der Gedanke der Wirtschaftlichkeit bestimmt beinahe sämtliche Bereiche unseres Lebens. Ob Mobilität, Altersvorsorge, Ernährung, Gesundheit, Bau oder Kommunikation, alles ist mit Kosten verbunden. Sie beeinflussen unser Denken und Handeln.

Wir haben diesen Gedanken angenommen und richten unser Leben nach ihm aus. Ja, wir sind gezwungen unser Leben nach ihm auszurichten, da wir ohne das Streben nach Lohn und Gewinn verarmen würden, gesellschaftliche Teilhabe verlieren und unsere Existenz nur in einem Wohlfahrtsstaat gesichert wäre.

Für diesen Zwang gibt es jedoch keine zeitlose und allgemeingültige Berechtigung. Gleich ob er allein entstanden oder gewachsen ist, oder die Idee aus der er resultiert, von Menschen erdacht, implementiert, etabliert und mit einem Rechtsrahmen abgesichert wurde. Der Rechtsrahmen ist Realität und die Berechtigung für den Zwang ergibt sich aus der Gewalt, die mittels des Rechtsrahmens ausgeübt wird.

Ein Rechtsrahmen gibt einer Gesellschaft Stabilität und Sicherheit und das menschliche Zusammenleben gestaltet sich in einem Rahmen wesentlich einfacher als ohne diesen. Doch führt der gegenwärtige Rahmen dazu, dass die Entwicklung der ihm untergeordneten Gesellschaften relativ monoton und gleichgerichtet verläuft. Er lässt zu wenig Spielraum für Alternativen, für Veränderungen, für das Gestalten.


Der Fokus liegt auf den wirtschaftlichen Werten. Auf dem Wettbewerb, der Konkurrenz, dem Profitstreben, dem Wachstum, dem Erfinden neuer Produkte, dem Entrepreneur. Was kann man in dieser Gesellschaft anderes anstreben als das Geldverdienen, den Wohlstand, den Reichtum? Mir fallen sofort zahlreiche Dinge ein wie Familie, Kinder, Freunde, Gedichte oder Musik. Aber ordnet nicht die Mehrheit der Menschen diese Dinge den vorherrschenden Werten unter? Erst kommen die Weltreise, die Karriere, das Haus, dann, wenn überhaupt die Familienplanung. Erst kommt die Frage, mit welchem Job kann ich zukünftig Geld verdienen und dann erst die Frage nach meinen Fähigkeiten und Interessen.

Diese Art der Herangehensweise an das eigene Leben kann zu Entscheidungen führen, die dem Leben an sich entgegenstehen. Es sind zwar bezüglich des Gesetzes- und Werterahmens rationale Entscheidungen, sie sind jedoch irrational was das Leben betrifft. Sie sind gegen das Leben gerichtet.

Wenn die Mehrheit der Menschen ihren Kinderwunsch aufgrund finanzieller Erwägungen nach hinten verschiebt und es demzufolge viele Einzelkinder in einem Land gibt, geht die Bevölkerung zurück. Ein hohes Alter der Mütter wirkt sich ebenfalls nicht positiv auf die Vitalität und die Gesundheit ihrer Kinder aus. Wenn dieser Zustand über mehrere Generationen anhält, schrumpft die Bevölkerung exponentiell zusammen. Dass dieses Geschehen für die nichtmenschliche Natur mit ihren wildlebenden Arten durchaus von Vorteil ist aber trotzdem keine wünschenswerte Option darstellt, werde ich in Kapitel 4 ausführlicher erläutern.

Wenn ich meine Ausbildung, meinen Beruf nicht an meinen Talenten, Fähigkeiten und Interessen ausrichte, werde ich möglicherweise ein unzufriedenes Leben führen. Denn man spürt, zumindest unterbewusst, wenn eine Tätigkeit nicht der eigenen Natur entspricht. Das eigene Leben wird dann unruhig und die entstehende Unzufriedenheit muss beispielsweise durch übermäßigen Konsum kompensiert werden.


Es gibt viele weitere bezüglich des vorherrschenden Werterahmens rationale, jedoch gegen das Leben an sich gerichtete Entscheidungen. Ein ganz offensichtliches Beispiel ist die moderne Landwirtschaft. Der studierte Landwirt, er hat Agrarökologie oder richtiger Agrarökonomie studiert, erwirbt ein Stück Land (mal abgesehen davon, dass das Land heute oft von landwirtschaftsfremden Personen und Unternehmen kontrolliert wird). Er erwirbt damit jedoch nicht nur das Land, das für die Nahrungsmittelerzeugung vorgesehen ist und somit im eigentlichen Sinne allen gehört, sondern er erwirbt vor allem die Verantwortung für dieses Land. Er hat es so zu bewirtschaften, dass er den Boden, das Grundwasser und die Artenvielfalt nicht schädigt und für nachfolgende Generationen erhält. Außerdem muss er gesunde Nahrungsmittel erzeugen. Wie soll der Landwirt, der oft in Abhängigkeit von Banken und Pharmaunternehmen steht, der seinen Ertrag steigern und Profit generieren will und muss, dieser Verantwortung gerecht werden?

In seinem Studium hat er gelernt, er müsse der Natur etwas „abringen“. Das bedeutet jedoch gegen sie zu arbeiten. Er benutzt Düngemittel, Herbizide und Insektizide, die enorm an Effizienz gewonnen haben, um seinen Ertrag zu steigern. Für diese Ausgaben wird er pro Hektar subventioniert. Den Ertrag steigert er, die Masse wird größer, doch die Qualität leidet. Pestizidrückstände und eine geringerwertige Nährstoffzusammensetzung im Vergleich zu biologisch angebauten Produkten können die Folge sein. Er arbeitet in mehrfacher Hinsicht gegen das Leben, gegen die Zukunft, aber folgt der rationalen Logik des Werterahmens.

Mit Herbiziden vernichtet er sämtliche Pflanzen. Diese stehen jedoch am Anfang jeder Nahrungskette und es ist die logische Folge, dass damit auch die Tiere verschwinden. Das ist Stoff des Biologieunterrichts der sechsten Klasse. Rückstände aus Dünger und Pestiziden gelangen ins Grundwasser und in die Nahrungsmittel und können unsere Gesundheit schädigen. Natürlich liegt ihr Gehalt unter einem Grenzwert, der beruhigen soll, jedoch nicht beruhigen sollte. Der Humusgehalt des Bodens nimmt ab. Er wird langfristig unfruchtbar und nur der Dünger lässt noch etwas wachsen.

Dieser Form der ökologischen Übergriffigkeit, dem toten Acker, der enormen Flächennahme sollten wir etwas entgegensetzen. Man muss der Natur nichts abringen. Ihr enormer Reichtum ist uns geschenkt, wir dürfen ihn nutzen und das Wissen über die Nutzung ohne zu schädigen sollte Gegenstand des Studiums sein. Wenn wir gegen die Natur arbeiten, arbeiten wir gegen uns selbst.

Der Werterahmen fördert in diesem Fall ein Verhalten, dass langfristige negative Folgen nicht bedenkt oder sie vorsätzlich in Kauf nimmt. Ein Landwirt, der so handelt wird seiner Verantwortung nicht gerecht und schädigt nachhaltig unsere und seine Umwelt. Nicht einem einzigen Landwirt will ich mit dem Gesagten zu nahe treten, denn ich gehe davon aus, dass er anders handeln würde, wenn er es anders gelernt hätte und wenn er nicht den Zwängen unterworfen wäre, denen er unterworfen ist.


Von einer andersartigen Verhaltensanpassung war ich selbst direkt betroffen. Vor kurzem bewarb ich mich auf eine Stelle an der Universität meiner Geburtsstadt im Bereich Berufspädagogik. Die Aufgabe bestand darin, Fortbildungen und Trainings für Lehrkräfte zu einem neu entwickelten Konzept zur Beruflichen Orientierung zu konzipieren und durchzuführen. Eine tolle Aufgabe, sah ich in ihr doch die Chance unser relativ starres und altes Schulsystem zu verbessern und über die Bildung der Lehrer, indirekt den Kindern zu helfen, ihre Interessen und Fähigkeiten zu entdecken. Ich war hochmotiviert und startete in einem Team aus fünf Leuten. Doch so offen ich in dieses Team ging, so verschlossen begegnete es mir von Anfang an. Gut, dachte ich, Geisteswissenschaftler sind nachdenkliche und ernste Menschen, ich mach mal meine Arbeit. Leider bemerkte ich erst nach einem Dreivierteljahr, dass versucht wurde, mich systematisch mittels Ausgrenzung, Intrigieren, Diffamierung und Nichtachtung loszuwerden. Das hatte ich noch nicht erlebt und was man nicht kennt, das erkennt man nicht. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und es war mein Fehler, mich allein auf das Projekt zu konzentrieren, ohne mit möglichen Angriffen zu rechnen.

Es kam dann heraus, dass die Teamleiterin nach dem Bewerbungsgespräch als einzige gegen mich gestimmt und bereits ihren Lieblingskandidaten vorher gewählt hatte. Sie arbeitete also das gesamte Dreivierteljahr gegen mich und nutze Methoden, die meine Gesundheit schädigten und die absolut asozial und unmenschlich waren.

Ihr Verhalten war möglicherweise durch eigene Erfahrungen an der Universität geprägt und erlernt. Vielleicht war sie früher prekär beschäftigt und musste selbst um ihre Stelle kämpfen und Konkurrenten ausstechen. Der Wettbewerb in der Wissenschaft kann durchaus positive Ergebnisse zur Folge haben, es ist jedoch bedauerlich und der Wissenschaft nicht zuträglich, wenn das Konkurrenzdenken zu einer Hackordnung und zu inhumanen Verhaltensänderungen führt. Und alles für ein lausiges Angestelltengehalt. Die Abhängigkeit von diesem Gehalt, mit dem die Teamleiterin möglicherweise die Grundbedürfnisse ihrer Familie sichern musste, kann zu Verhaltensanpassungen führen. Teammitglieder werden als Objekte betrachtet, die lediglich dazu da sind, bestimmte Arbeitsaufträge auszuführen. Die Menschlichkeit schwindet und Beziehungen zwischen Subjekt und Subjekt werden unmöglich, das soziale Miteinander ist gestört.

Mein Vorschlag ist in einem solchen Fall die Kündigung. Lassen Sie das nicht mit sich machen. Lassen Sie sich nichts gefallen. Das ist ein erster Schritt hin zu einer Verbesserung der Gesellschaft. Denn solange Sie mitmachen und sich versklaven lassen, wird sich nichts ändern. Ja, Sie brauchen Einkommen, aber nicht um jeden Preis.


Sind Sie indessen Millionär oder Milliardär geworden, brauchen Sie sich um Ihren Lohn nicht sorgen. Das Leben ist relativ sicher, an Materiellem fehlt nichts, im Gegenteil, es kann im Überfluss einfach erkauft werden. Die Unabhängigkeit von einem Arbeitgeber schafft Freiheit. Sie können über Ihre Zeit frei verfügen. Aber was machen Sie mit dieser Freiheit? Sie haben nun nicht mehr die Motivation, Geld für Ihre Grundbedürfnisse zu verdienen. Welche Motivationen, welche Ziele haben finanziell reiche Menschen?

Warum investieren viele von ihnen ihr Vermögen in Dinge und nicht in das Zusammenleben der Menschen? Warum wollen sie ins All fliegen und den Mars besiedeln? Warum ist ihr Menschenbild häufig trans- oder posthumanistisch? Warum richten sie ihre Kreativität auf die Produktion oder den Verkauf von Waren? Warum schaffen sie tote Dinge statt lebendige?

Lenken die einfachen wirtschaftsliberalen Heuristiken ihre Aufmerksamkeit auf die Technik und die Produktion von Gegenständen? Haben sie das profitorientierte Denken so stark verinnerlicht, dass es zum intuitiven, automatischen Denken geworden ist und auch das bewusste, wohlüberlegte Denken überlagert und bestimmt? Können sie nicht anders? Können sie nicht aus ihrer Haut?

Sie haben sich in das System eingefügt, durchaus intelligent angepasst, haben ein bequemes und sicheres Leben. Ihr Erfolg definiert sich durch materiellen Überfluss aber auch durch Achtung und Anerkennung. Sie sind schließlich den geltenden Prinzipien gefolgt und haben das Ziel erreicht, nach dem so viele streben.

Bei genauerer Betrachtung kann solch ein Leben jedoch armselig wirken. Es ist möglicherweise weniger lebendig als mit dem Zahnfleisch auf dem Asphalt zu kriechen. Selbst wenn ich hin und her jette und mein Business am Laufen halten muss. Man ist weniger dicht dran an der Erde, weiter weg, abgehoben. Die Grundbedürfnisse sind übererfüllt und das Gehirn kommt auf außerirdische, lebensferne Gedanken. Wirkt Reichtum dem Leben entgegen, könnte man fragen. Es bleibt eine rhetorische Frage. Die Armen streben nach ihm und die, die ihn erlangt haben, machen immer so weiter und bemerken nicht, dass sie sich vom Leben entfernt haben, dass es noch etwas anderes gibt.

Die Gier nach finanziellem Profit und Macht erscheint grenzenlos. Selbst wenn der Milliardär ein Milliardenvermögen angehäuft hat, strebt er danach, dieses Milliardenvermögen zu vergrößern. Er nutzt Menschen und Maschinen als Arbeitskräfte um die Produktion zu steigern und noch mehr Dinge zu schaffen und zu verkaufen.

Gefährlich wird es, wenn der Milliardär eigene Ideen, die eine Vielzahl Menschen oder die gesamte Menschheit betreffen, realisieren will. Er ist mitunter nicht legitimiert, nicht gewählt, hat jedoch aufgrund seines Vermögens die Macht dazu. Ist die Idee gut und wird sie umgesetzt, hat das positive Folgen und kann zur Verbesserung des Lebens führen. Irrt sich jedoch der Milliardär – denn er ist ebenfalls lediglich ein Mensch mit einem Gehirn und die Fähigkeiten die ihn zum Milliardär werden ließen, sagen nicht viel über seine Intelligenz in anderen Fragen aus – kann das zur Katastrophe führen.

Liebe Milliardäre, bitte maßen Sie sich nicht an, Entscheidungen für die Allgemeinheit zu treffen, auch wenn Ihre Macht Sie dazu verleitet. Neben der Gefahr des Irrtums gefährden Sie damit jede Form der Demokratie.

Gerade wenn es um die Natur und die Gesundheit geht, überschätzt und irrt sich der Mensch. Gerade der rationale Zahlenmensch, der nüchterne Kalkulator hat kaum eine Affinität für die nichtlinearen Zusammenhänge in der Natur.

Wenn der Milliardär seine Aufmerksamkeit auf den Mars richtet oder ausschließlich auf die Produktion von Dingen, hat er möglicherweise den Blick für das, was das Menschsein ausmacht verloren. Das gilt selbstverständlich nicht nur für Milliardäre, sondern für jeden Menschen.

Was wird man in 50 oder 100 Jahren über jemanden sagen, der die Welt mit Autos überschwemmt hat, der zum Mond oder Mars geflogen ist? Was hat er der Menschheit gebracht? Wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch dann nicht herausfinden, wo wir hier und wozu wir hier sind!


Viele Unternehmer, Gründer und Entrepreneure sind außergewöhnliche Talente. Außergewöhnliche Talente sind jedoch selten. Deshalb sollten wir sie nicht gehirnwaschen und ihre Aufmerksamkeit, ihr Genie allein auf das Profitmachen und die Technologie lenken. Lassen wir sie ausbrechen aus diesen engen Grenzen. Nehmen wir den Ökonomismus aus dem Mittelpunkt und stellen ihn gleichwertig neben alle anderen Optionen. Machen wir die Sicht frei auf die Vielfalt der möglichen Lebensweisen, auf die Kultur, die Natur, das menschliche Zusammenleben!

Ich möchte nicht auf den Mars, nicht mal auf den Mond, nein, ich habe ein mindestens genauso unerreichbares Ziel. Ich möchte, dass alle Menschen in Kulturen leben, die ihren menschlichen Eigenschaften gerecht werden und in der sie ihre Fähigkeiten frei entfalten können. In Kulturen des Zusammenlebens, in der der Mensch in der Lage ist, das Höchste zu erreichen, das ihm möglich ist. In denen er so kulturvoll und kunstvoll leben kann, wie er es vermag.


Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen sind Vorbilder für die Allgemeinheit. Sie werden beobachtet, bewertet, beurteilt und ihr Verhalten wird nachgeahmt. Jeder Mensch, sei er nun Unternehmer, Musiker, Autor, Milliardär oder Politiker, der in der Öffentlichkeit steht, sollte sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein. Erfüllt er öffentliche Aufgaben, so ist er dem Gemeinwohl verpflichtet.

Wenn sich ein Staatsbeamter nun während seiner Zeit in der Politik den Weg in die Wirtschaft ebnet, statt seine Tätigkeit den Bedürfnissen der Allgemeinheit zu widmen, so wird das von der Gesellschaft wahrgenommen. Sein Verhalten ist jedoch eine Form der Korruption. Es ist außerdem Betrug am Bürger, am Steuerzahler und an der gesamten Bevölkerung.

Der so handelnde Mensch zeigt, dass er käuflich ist und seine Würde bereits an die vorherrschende Ordnung des Ökonomismus abgegeben hat. Sein Verhalten hat eine Außenwirkung und färbt auf das Verhalten der Bevölkerung ab. Es dient als Vorbild und die Menschen passen sich dem vorgelebten Verhalten an. Es demoralisiert und die Jugend richtet sich danach. Jeder sucht nach seinem eigenen finanziellen Vorteil.

Handelt die Mehrheit der öffentlichen Personen in dieser Art und Weise, haben wir nach einigen Generationen der Nachahmung von Tieren bevölkerte entmenschlichte Städte, in denen das Recht des Stärkeren gilt. Aufgrund des Mangels an Humanität und Ethik zerstört sich dieses System auf blutige Art und Weise selbst.

Menschen, deren Wertegrundlage allein auf das Eigeninteresse, den eigenen finanziellen Gewinn ausgerichtet ist, sollten keine Positionen besetzen, an denen sie Verantwortung für die Gesellschaft tragen und großen Einfluss ausüben können. Sie eignen sich nicht dazu, Entscheidungen zum Wohl der Bevölkerung zu treffen.

Folgenden Gedanken füge ich hinzu: Schuldmindernd für diese Personen wirkt der Umstand, dass sie selbst Opfer des Werterahmens sind, der ihr Verhalten geprägt hat. Ihr Handeln ist das Produkt der gesellschaftlichen Bedingungen. Aus dieser Perspektive betrachtet, kann man ihnen keinen Vorwurf machen, auch wenn sie unverantwortlich handeln. Sie sind dem psychologischen Gesetz der Imitation unterworfen. Sie tun, was andere tun. Wenn sie von unverantwortlich handelnden Menschen umgeben sind oder sie als Vorbild sehen, handeln sie selbst ebenso unverantwortlich. Sie spüren zwar, dass sie vielleicht mit den Entscheidungen von denen sie selbst profitieren, andere Menschen schädigen, doch der Effekt der Nachahmung ist stärker.


Politische Erfahrungen sammelte ich selbst innerhalb von vier Jahren Parteimitgliedschaft. Als stellvertretender Sprecher einer Arbeitsgemeinschaft nahm ich an wöchentlichen Sitzungen teil und schrieb Anträge für Landesdelegiertenkonferenzen. Der Zeitaufwand stand jedoch in keinem Verhältnis zu den Aussichten auf wirkliche Realisierungen von Ideen und Antragsinhalten. Alles blieb an der Oberfläche, auf der Ebene des Wortes statt der Tat. Es hatte den Anschein, dass niemand wirklich eigene Ideen einbringen oder gar etwas verändern wollte. Sie schwammen alle mit im Einheitsbrei, im Mainstreamdenken der Partei. Ich sah kein Potential für Veränderungen, sah auch keinen Mentor oder kein Vorbild und entschied mich dafür, meine eigenen Projekte voranzutreiben, mich um meine Kinder zu kümmern und etwas im Kleinen zu verändern. Der entscheidende Grund für meinen Rückzug waren jedoch die Banker und Energielobbyisten, die im Kreisverband das Sagen hatten und haben. Ihre Ziele waren zumindest für mich offensichtlich auf den eigenen Nutzen gerichtet und trotzdem saßen sie fest im Sattel und hatten die Unterstützung ihrer speichelleckenden Parteimitglieder. Wie sollte man bei dieser Übermacht etwas ausrichten? Hier konnte ich nicht bleiben, auch wenn die Energie noch so erneuerbar war.

Wie stark die Politik vom finanziellen Denken durchdrungen ist und dass sie aufgrund dieses Denkens ethische Werte missachtet und häufig nicht zum Wohl der eigenen Bevölkerung entscheidet, zeigt ein weiteres Beispiel. Alkohol ist in Deutschland so billig, dass sich jeder Einwohner jeden Tag besinnungslos trinken kann. Dieser Umstand führt zur Schwächung der Bevölkerung, sie wird krank und das Gesundheitssystem stark belastet. Die Regierung vernachlässigt hier ihre Pflicht und ihre Verantwortung. Die Steuereinnahmen aus der Alkoholproduktion, eine der wichtigsten Säulen der europäischen Agrarwirtschaft, sind für den Staat entscheidend, nicht die Gesundheit der Bevölkerung. Die wesentlich höheren Kosten, die der Alkoholkonsum durch die Schädigung der Gesundheit im Gesundheitswesen verursacht, trägt nicht der Staat sondern die Krankenversicherungen. Der Staat entscheidet in diesem Fall allein aus finanziellen Gründen und nimmt eine Schädigung und Schwächung der Bevölkerung in Kauf. Verantwortlicher als die deutsche Regierung handelt hier beispielsweise Irland mit seinem Präventionsmodell.

Nun kann man einwenden, dass es meine eigene Freiheit ist, soviel zu trinken, wie ich will. Das ist richtig. Jeder kann seine Gesundheit schädigen, wie er mag. Doch ist es sinnvoll dieses Verhalten durch ein enormes Überangebot an Alkoholika und einen äußerst niedrigen Preis zu fördern? An dieser Stelle sollte weiter gedacht werden, denn hier schädigen Markt, Freiheit und finanzielle und möglicherweise weitere Interessen der Regierung die menschliche Gesundheit.

In vielen Fragen überlässt die Politik die Menschen der Wirtschaft. Sie appelliert an die Eigenverantwortung und nimmt sich so selbst aus der Verantwortung. Sie stellt jedoch auch keine Vorbilder oder Werte in die Öffentlichkeit, die Orientierung und Halt geben könnten. So bleiben nur die Zahlen, das Geld, die Wirtschaft, der Konsum und das Streben nach Profit, die die Menschen und die Gesellschaft formen.

Es entsteht eine ökonomische Kultur, ein Wertemonismus. Ein Monismus ist eine philosophische Lehre, eine Denkrichtung, in der sich alle Vorgänge, alle Handlungen auf ein einziges Grundprinzip zurückführen lassen. Dieses Grundprinzip ist im Fall unserer Gesellschaftsordnung das auf ökonomischen Werten beruhende ökonomische Denken. Diesem Denken sind sämtliche Vorgänge untergeordnet bzw. ist dieses Denken ihnen übergeordnet.

Es gibt zwar viele Optionen, viele Möglichkeiten und damit eine Art der Freiheit, doch sind all diese Optionen (und auch die Freiheit) dem monetären Grundprinzip unterworfen. Sie müssen sich rechnen. Sie können zur Verbesserung unseres Lebens beitragen, aber sie müssen sich rechnen. Optionen, die zwar zur Verbesserung beitragen, sich jedoch nicht rechnen, werden selten realisiert. Es existiert eine Abhängigkeit vom Kapital, vom Lohn, von der Lohnarbeit.

So sind die Freiheit und der Pluralismus durch das monetäre Prinzip beschränkt. Die Kultur ist einseitig geprägt und somit arm. Nicht nur arm an kulturellen Projekten, die oft von der Finanzierung über Fördermittel abhängen (Wieviel mehr Projekte würde es ohne diese Abhängigkeit geben!), sondern vor allem arm in dem Sinne der Beschränkung des Denkens und damit der Beschränkung der Vielfalt der Lebensweisen, die dem Menschen eigentlich offenstünden. Dieser Verarmung durch die ökonomische Kultur könnten wir mit neuen Ideen begegnen.


Trotz ihrer Armut schafft diese Ordnung einen immensen Reichtum an Kapital und Produkten. Sie lässt zwar kaum Alternativen zu, doch sie funktioniert. Jedenfalls bis heute. Allein dieses Funktionieren hat schon einen Wert an sich. In einer unvorhersehbaren und von enormer Komplexität geprägten Welt ist jede funktionierende Ordnung von größter Bedeutung.

Die Werte und Vorteile des liberalen Rechtsstaats sind nicht gering zu schätzen und offensichtlich. Möglicherweise sind sie die besten, die wir jemals hatten. Doch es bleiben die Fragen, welche Opfer Gesellschaft und Natur dafür bringen; ob diese Opfer die Vorteile aufwiegen und ob diese Opfer überhaupt mit den Vorteilen einhergehen müssen, oder ob wir sie durch Veränderung und Anpassung eliminieren können?

Der liberale Rechtsstaat strebt die Sicherung der Freiheits-, Grund-, und Menschenrechte an. Die Gewaltenteilung, die Begrenzung und die Legitimierung der Macht durch die Demokratie schaffen im Idealfall ein Gleichgewicht zwischen Gesellschaft und Staat. Die Marktwirtschaft kann zu gesundem Wettbewerb und zu nützlichen und günstigen Produkten und Dienstleistungen führen. Die Konkurrenz spornt zu Höchstleistungen an. Materieller Wohlstand und Lebensqualität steigen. Individualismus und Egoismus wirken positiv auf diesen Wohlstand.

Man kann hier durchaus ein rosiges Bild malen, dass die Erzählung des wirtschaftlichen Fortschritts und das Immerweiterso unterstützt. Wir müssten nur so weitermachen wie bisher und unser Leben wird immer besser. Wir lassen alles so weiterlaufen und passen hier und da ein bisschen an. Das Materielle definiert die Lebensqualität.

Wenn ich mich mit Produkten überhäufen kann, dann ist mein Leben lebenswert, bequem und vorzeigbar. Außerdem gibt es ja den Anderen, das Gegenüber, dem ich mein Leben zeigen will. Es gibt eine Gesellschaft. Das Gegenüber ist aber natürlich auch ganz individuell und egoistisch wie man selbst. Aber es ist zumindest nicht unbedeutend für das eigene Leben. Wie würde ich mich verhalten, wäre es nicht da? Die sozialen Interaktionen der einzelnen Individuen bestehen in dieser Welt aus Smalltalk über Produkte oder Selbstverwirklichung, dem Überholen auf der Straße oder der Erregung und dem Streit über politische Entscheidungen. Aber es sind Interaktionen. Gemeinsamkeiten sind schwer auszumachen. Man will sich schließlich unterscheiden. Doch gerade in diesem Drang zur Unterscheidung gleichen wir uns. Jeder ist zwar von Natur aus anders, doch dem Grundprinzip der Gesellschaftsordnung wird sich untergeordnet. So ähneln sich die Massen an einzelnen Schicksalen einzelner Individuen. Trotz angeblicher Individualität laufen sie alle in dieselbe Richtung.


Formulieren wir es anders, vereinfachen wir und betrachten die Gegenwart als Spiel: Unser gegenwärtiges Leben, unsere gegenwärtige Kultur wird von einem Spiel dominiert. Es wurde von Menschen erdacht und in die reale Welt gebracht. Es ist ein Finanz- und Wirtschaftsspiel, mit klaren, relativ komplexen Spielregeln, mit Gewinnern und Verlierern.

Viele Menschen befürworten das Spiel und richten sich bewusst oder unbewusst nach den Spielregeln. Es funktioniert und hat durchaus gute Seiten und Vorteile gegenüber zahlreichen Spielen der Vergangenheit und Gegenwart. Daneben existieren noch andere Spiele, alternative Ordnungen. Sie sind in ihrer Anzahl jedoch gering im Vergleich zur Vielfalt früherer Zeiten. In einigen Regionen gibt die Religion die Regeln und Werte vor, in anderen die gegenwärtig einzig sichtbaren und scheinbaren Gegenspieler des Kapitalismus, der Sozialismus und der Kommunismus. Doch selbst hier greift das dominante Spiel Fuß und mischt sich unter die noch herrschenden Prinzipien.

Die Ausdehnung des Spiels ist so groß geworden, dass sich die Frage nach dem Maximum stellt. Hat etwas sein Maximum erreicht, bricht es zusammen, kehrt um oder verändert sich stark. Die Sorge um den Niedergang des Spiels ist durchaus berechtigt, denn er wäre mit globalen Verwerfungen besonderen Ausmaßes verbunden.

Wann ist also dieses Spiel zu Ende gespielt? Wann ist das Maximum erreicht? Wann fangen wir ein neues an? Was brauchen wir dafür? Sollten wir uns vorbereiten und Alternativen entwickeln? Oder können wir das Spiel trotz seiner maximalen Ausdehnung weiterentwickeln? Ist eine Alternative also die Veränderung des Spiels?

Angenommen, die Organisationsform in der wir leben ist gut, sehr gut oder gar die beste, die der Mensch jemals gefunden hat. Die Menschen sind zufrieden und wollen keine Veränderung. Sie wollen, dass alles so bleibt wie es ist. Sie wollen ihre Ordnung erhalten. Dann wird trotz allem Wollen diese Ordnung beim Erreichen ihres Höhepunktes zusammenbrechen. Stabilisierungsversuche helfen nicht. Auf der höchsten Entwicklungsstufe, am Maximum scheitert eine Kultur zwangsläufig. Dieser Zusammenbruch kann mit enormer Geschwindigkeit erfolgen.

Nun denke ich nicht, dass das Maximum erreicht ist und wir kurz vor einem Niedergang stehen. Selbst in einem solchen Szenario wäre ich optimistisch und sicher, dass wir Lösungen und Wege für unseren Fortbestand finden. Doch da niemand voraussagen kann, wann das Maximum unserer ökonomischen Kultur erreicht ist und weil der Zusammenbruch bei Erreichen des Maximums ein unvermeidliches Naturgesetz zu sein scheint, ist es wichtig, vorbereitet zu sein.

Das heißt, mit diesem Zusammenbruch zu rechnen und verschiedene Optionen bereitzuhalten. Optionen, die helfen, das Leben neu zu organisieren und Chaos und Kriege zu verhindern. Wenn wir Optionen und Alternativen haben, ist vielleicht ein fließender Übergang ohne größere Verwerfungen möglich. Die große Herausforderung besteht darin, Veränderungen friedlich zu vollziehen.

Das Erkennen und richtige Interpretieren von Anzeichen, für einen beginnenden Niedergang ist ebenso wichtig wie schwer. Es deutet sich an, wenn soziale Systeme, Ökosysteme oder Finanzsysteme nicht mehr funktionieren oder Teile ihrer Funktion verlieren. Sie können dann umgestaltet oder korrigiert werden. Es besteht somit die Möglichkeit, dem Ende des Spiels zuvor zu kommen und es anzupassen.


Wenngleich die Werte, die den westlichen Ländern in den letzten Jahrhunderten die Vorherrschaft gesichert haben, nun in anderen Ländern etabliert sind und dort teilweise sogar besser umgesetzt werden, heißt das nicht, dass das Maximum der Ausdehnung bereits erreicht ist. Gerade asiatische Länder haben Werte wie Wettbewerb, Wissenschaft, Medizin oder Arbeitsethos übernommen oder wiederentdeckt und sind dabei, den Westen zu überholen. Doch existieren zahlreiche Regionen, in denen das nicht der Fall ist und in die sich unsere ökonomische Kultur zukünftig ausdehnen könnte.

Die zahlreichen offensichtlichen Defizite zeigen, dass das Maximum in der qualitativen Weiterentwicklung ebenfalls nicht erreicht ist. Für diese Weiterentwicklung bedarf es neuer Ideen. Neuer ökonomischer Ideen und neuer Ideen, die über das Ökonomische hinausgehen. Sie sind nicht nur für den Fortbestand unserer Gesellschaft essentiell. Sie sind ebenso notwendig, wenn man vermeiden will, dass andere Staaten am Westen vorbeiziehen.

Das heißt, wir könnten zu den bestehenden Werten neue Werte hinzufügen und bestehende Werte neu bewerten und diese möglicherweise geringer gewichten. Der Stagnation, der Ideenlosigkeit, dem Beharren auf dem Bewährten kann eine Erneuerung durch Neuerungen folgen.

Sind diese neuen Werte ethischer und humanistischer Natur, was mein Vorschlag ist, wäre die Folge vielleicht ein gezügelter, kultivierter Kapitalismus. Kann es das geben? Würden die neuen Werte dominieren, wäre es kein Kapitalismus mehr, da das Kapital nicht mehr der Primat ist. Dann bräuchten wir eine andere Bezeichnung. Die Idee, dass nicht mehr der der Mächtigste ist, der das größte Kapital und die besten Waffen besitzt, sondern der Menschlichere, der Humanistischere, der Weisere, der mit dem höchsten Anspruch an die Kultur ausgestattete, diese Idee könnte Grundlage für die Weiterentwicklung sein.


Gier und Neid hat es immer gegeben und niemand kann es dem Menschen verübeln, wenn er das Geld liebt, erfüllt es ihm doch seine Wünsche, zumindest die materiellen. Doch rechtfertigt das Vorhandensein dieser Eigenschaften nicht, dass wir unsere Ordnung so aufbauen, dass sie gefördert, gelobt und gut geheißen werden, dass wir ihnen freien Lauf lassen. Selbst wenn es auf den ersten Blick clever erscheint, Egoismus und Gier zu nutzen, um das Leben aller zu verbessern, sieht man auf den zweiten Blick, dass dieses Prinzip zur Zerstörung der Natur, zur Überproduktion und Überflutung mit Dingen und zur sozialen Vereinsamung führt.


Es könnten sich nun folgende Fragen anschließen: Wie kann ich mich dem entziehen? Wie kann ich meine eigenen Werte entwickeln, behalten und nach ihnen leben? Oder sollte ich mich anpassen und wie die Anderen dem Geld hinterherlaufen oder ständig neue Dinge produzieren? Anpassungsfähigkeit ist schließlich eine gute und überlebenswichtige Eigenschaft. Was aber, wenn die gegenwärtige Ordnung dem Leben entgegensteht und ihm schadet? Sollte ich mich auch dann noch anpassen, wenn die Natur und damit meine eigene Lebensgrundlage zerstört wird, wenn junge Menschen keine Kinder mehr bekommen, Städte von linearen Betonklötzen geprägt werden und die Schönheit schwindet? Vielleicht kann die folgende Auswahl an Werten helfen, Orientierung zu finden.


.Der Wert der Familie

Wie auch immer die Familie des 21. Jahrhunderts aussehen mag, es ist eine kleine Gemeinschaft von Menschen, die zusammenleben. Familienmitglieder nehmen aufeinander Rücksicht, wirtschaften gemeinsam und gestalten ihr Zuhause. Es gibt Werte und Normen an die sie sich halten. Zur Familie gehören Kinder, um die sich die erwachsenen Mitglieder kümmern und für die sie die Verantwortung übernehmen. Das Aufziehen der Jungen, die Sorge und der Schutz, schaffen soziale und emotionale Bindungen, die die Basis für spätere Beziehungen bilden. Die Familie ist eine kulturelle Einheit, die Menschen, gerade den Kindern, Halt gibt. Halt, den unsere gegenwärtige Ordnung nur bedingt geben kann. Was gibt sie als Halt? Das Streben nach Reichtum, nach Karriere, nach Macht? Die Freiheit selbst für sein Leben verantwortlich zu sein? Den Rückhalt sozialer Absicherung? Traditionen und Normen auf die man sich verlassen kann?

Die Familie prägt die gesamtgesellschaftliche Kultur, sichert ihren Fortbestand und beeinflusst die demografische Entwicklung.

Wird sie gering geschätzt oder entsteht gar nicht erst, weil Menschen sich nicht binden, nicht in ihrer vermeintlichen Freiheit beschränken wollen oder Kinder als Belastung oder Umweltzerstörer angesehen werden, dann kann diese kleine Einheit verschwinden.


.Die Achtung vor der Natur

Wir sind Teil der Natur. Wir haben zwar ein relativ stark vernetztes (leider trotzdem viel zu kleines) Gehirn und fühlen uns daher groß und überlegen, doch wenn wir uns bewusst machen, wie abhängig wir von unserem Mikrobiom - den Bakterien unseres Körpers und wie verwundbar wir durch kleine DNA-Stückchen - Viren sind, wird unsere Stellung deutlich. Wir sind nicht so stabil und wir haben viel weniger Kontrolle über biologische Prozesse als wir annehmen. Wenn wir nun durch Chemiekalien, Abholzung, Ressourcenverbrauch, Verschmutzung, Vermüllung oder Zerstörung von Lebensräumen die Natur schädigen, haben wir zwar mehr Produkte und mehr Kapital an bestimmten Stellen akkumuliert, doch unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstört. Wir vergrößern mit der Destabilisierung natürlicher Systeme die Anfälligkeit für unvorhersehbare Ereignisse. Dieses kurzfristige, nicht nachhaltige Denken und Handeln weist eindeutig auf die Kleinheit und die Beeinflussbarkeit unseres Gehirns, gerade auch durch wenig durchdachte Ideen und Narrative hin.

Wir denken menschbezogen, suchen unseren unmittelbaren Vorteil und scheinen vollkommen empathielos gegenüber anderen Lebewesen. Es ist natürlich schwer sich in eine Pflanze oder in ein Tier hineinzuversetzen, gerade wenn und weil sie uns unähnlich sind. Viele Menschen haben keinerlei Empfindungen, wenn sie eine 200jährige Buche fällen.

Das Wort Empathie bezeichnet die Fähigkeit, die Gefühle eines anderen Menschen nachzuempfinden. Doch können wir ebenso empathisch gegenüber anderen Lebewesen sein. Diese Fähigkeit scheint uns verloren gegangen und wir sollten sie wiederfinden und fördern. Auch wenn wir die Buche zu Brennholz verarbeiten, das eine lebensnotwendige Funktion erfüllt, können wir Achtung vor ihr haben. Pflanzen haben für uns häufig einen geringeren Wert als Tiere. Dabei sind sie die Grundlage unseres Lebens, unserer Ernährung und Existenzgrundlage zahlloser anderer Arten. Sie verfügen über Kommunikationsmechanismen, die unserem Netzwerk aus Nervenzellen ähneln.

Lebewesen ähneln sich für unsere Augen nicht in ihrer Morphologie, ihrem äußeren Erscheinungsbild. Jedoch gibt es eine innere Ähnlichkeit - der Aufbau der DNA. Alle Lebewesen basieren auf der DNA. Ihr Aufbau, die Reihenfolge der Gene, der Basenpaare bestimmt ihre Eigenschaften. Das ist ihnen gemeinsam und das haben wir Menschen mit sämtlichen anderen Arten gemeinsam. Wir können uns also mit ihnen verbunden fühlen. ........

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