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Feilkode 418

Die Wurzeln der Welt

Die Wurzeln der Welt · Sci-fi und Fantasy

Ungewohnt, brutal aber auch verspielt. Was ist Realität und was ist Wahn. Mitreißende Immersion, die viel Spielraum für Fantasie lässt.

Hva vil du med boka?

Ich möchte keine kitschige Fantasiewelt gepackt mit Klischees und der simplen Heldengeschichte. Ich liebte sie, doch existiert genug davon. Rudimentär und dreckig kann es zugehen, doch auch im Morast gibt es, wie in der echten Welt, Wunderbares zu entdecken. Die spannensten Momente entstehen für mich zwischen den Charakteren, oder mit sich selbst. Eine ergiebige Atmosphäre darf natürlich nicht fehlen, doch die geladene Spannung zwischen Charakteren und dem Prsopekt ihrer Handlungen und Empfindungen bringt mein Herz zum schlagen. Ich möchte ein paar Regeln brechen und Normen im wahrsten Sinne überschreiben. Das bezieht sich auf Stereotypen des Helden und seine Reise, statische Geschlechtsrollen, aber auch die Art wie eine Geschichte erzählt wird. Ein Stück weiter weg vom klar erzählten Vorgang, unsicher ob es nun der Fiebertraum oder Realität ist. Ich möchte keine eindeutige Antwort auf eine Frage, denn wahrhaftig gibt es sie selten. Der Kopf des Lesers soll mitarbeiten und sich gedanken machen. Es soll etwas in den Lesern auslösen, dass sie dazu bewegt darüber nachzudenken und zu rätseln. Das bringt dann etwas vom Verborgenem im Leser selber heraus, welche sich unumgänglich in die Geschichte hineinprojizieren.

Om forfatteren

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Um dem zu entkommen was allgegenwärtig ist. Es gibt nichts schöneres als den Fakt, dass niemand in deinen Kopf gucken kann und du einen Ort hast an dem nur du bist. - Oh doch! Das was dort passiert ka...

Leseprobe (max. 60 000 Zeichen)

Die Nacht war kalt und klar. Der Mond zur Sichel geformt und ein leiser Wind übertönte das Geräusch der Schritte. Es war die perfekte Nacht zum Jagen. Morwen hatte ihr pechschwarzes Haar, das von manch roten Strähnen durchzogen wurde, in einem Zopf zusammengebunden, der ihr bis hin zur Hüfte reichte. Ihre Augen waren geschlossen und sie horchte den seichten Stimmen der Arkanstrukturen. Wurzeln der alten Welt und der Macht, die sich um alles schlangen und einen Teil des Damaligen, der anderen Tage, noch immer erhielten. Kaum einer war heutzutage noch in der Lage ihre Präsenz, geschweige denn ihre Verästelung mit dem bloßen Auge wahrzunehmen. Doch in Morwens Adern floss Blut, dass die Weisen des Arkanen nicht vergaß, sondern vermochte damit zu spielen, und die alten Fäden zu etwas Neuem zu weben.  Es hielt sie wach in solchen Nächten. Pumpte durch den ganzen Körper und rauschte ihr in den Ohren. Es konnte bei Weilen einem tosenden Wasserfall gleichkommen, wenn sie sich an einer Schnittstelle mehrere dieser Adern befand. An solchen Orten waren die Strukturen noch besonders ausgeprägt.
Diese alten Wirrungen befanden sich in Bewegung. Manchmal ganz plötzlich, zu anderen Zeiten ruhig und gemächlich, als hätten sie mit den Jahren, wie jeder Organismus, an Kraft verloren. Seit Morwen sich erinnern konnte waren es aber nur eine Handvoll Nächte, dass es eine so rapide und kraftvolle Windung in den arkanen Gefügen gab, dass es sie förmlich aus dem Schlafe riss und die Welt sich mit ihnen zu bewegen schien. Scheinbar ziellos zogen sich diese Strukturen durch die Erde und bahnten sich neue Wege. Keinem einzelnen Individuum ist es bis heute gelungen die Bewegungen einer Intention unterzuordnen. Und die, die in den alten Tagen, die Geschichten des Arkanen erzählten, gab es nicht mehr. Oder waren ihre Geschichten nur vergessen?
In einer solchen Nacht befand sich also Morwen, geweckt aus einem unruhigen Schlaf. Mit schweißnassem Haar schreckte sie in ihrer Hütte, abseits des völkischen Treibens, inmitten des Waldes, hoch und fühlte, wie die Welt sich um sie drehte. Zuerst dachte sie, es sei ein Fieber, dass mit ihren Sinnen spielte, doch hörte sie wieder die Laute des Arkanen, die in undeutbaren Chiffren riefen. Bald darauf erkannte sie auch die feinen Linien, die sich durch die Erde zu ihren Füßen, das Holz ihrer Hütte und durch ihren Körper zogen. Sie leuchteten in einem silbrig fahlen Blau, als seien sie vom Monde beschienen. Gehetzt von der Vielzahl an Eindrücken packte sie einen Rucksack, der neben ein Paar Kräutermischungen und Krügen zur Aufbewahrung auch Seil und Schlafsack beinhaltete. Sie wurde angezogen von den Rufen, wollte wissen was sie ihr verraten wollen. Sie musste hinaus. Etwas in ihr verstand, dass der nächste Ausflug kein kurzes Ende nehmen würde. Sie schnallte sich also Reiseutensil und den Vulkanglasdolch ihrer Meisterin um und verließ mit bebendem Körper die Sicherheit ihres Hauses. Sie folgte den Linien, wie Motten dem Licht. Immer weiter zog es sie in den Wald hinein.

Obwohl der Mond schon lange am Himmel hing, schien der Wald keineswegs zu schlafen. Nervös huschten wilde Tiere von links nach rechts. Manche flüchteten beim Anblick Morwens, andere beäugten sie nur interessiert. Ein jeder schien von Unruhe getrieben und konnte kein Auge mehr schließen. Je weiter Morwen in den Wald vordrang, desto mehr häuften sich die neugierigen Beobachter. Wenn sie in die fragenden Gesichter der Tiere schaute, hatte sie fast das Gefühl, als erwarteten sie eine Antwort, was denn vor sich gehe.
Die Bäume wurden lichter, doch das Unterholz dichter und das Voranschreiten immer schwieriger. Morwen kam mittlerweile in einem Bereich des Waldes an, indem sie noch nie zuvor gewesen ist, der auch immer befremdlicher wirkte. Die schwüle Sommernachtsluft und die Anstrengungen lies den Schweiß aus jeder Pore kommen und sie in ein angestrengtes Keuchen übergehen. Doch die Anziehungen, der großen Energie, die sich vor ihr erschließt, ließ sie unnachgiebig weiter machen. In fanatischem Eifer schlug sie sich durch jedes Gestrüpp, das sich ihr in den Weg stellte und bestieg den immer steiler werdenden Pfad, der ihr beleuchtet wurde.
Als sie endlich den Hügel erklomm, fing sie an entfernte Laute zu vernehmen. Es klang nicht nach dem Ruf eines der Tiere des Waldes. Doch von Menschen konnte es auch nicht stammen. Es hatte etwas bestialisches in sich. Ein schrilles Kreischen auf das ein gurgelndes Grunzen folgte. Ganz aus der Richtung in der sich die arkanen Linien einen würden. Es trieb sie an, der Quelle der Geräusche nachzugehen. Die kurze Welle der Furcht war vergessen, was solle im Wald schon leben, mit dem sie nicht fertig werden könnte. Der volle Mond schien die Kuhle inmitten des Hügels, auf dem sie sich nun befand ,aus und sie huschte von Nadelbaum zu Nadelbaum. Immer näher kam sie den Geräuschen. Immer lauter wurde das Rauschen der Linien in ihren Ohren und immer greller ihr Licht. Fast jeder Baum war nun durchzogen von den silbrig blauen Strängen und der gesamte Boden war verwurzelt. Ihr Herz schlug immer schneller. Der Strom an Eindrücken überkam sie und es wurde ihr fast schwarz vor Augen. Sie musste sich kurz zur Ruhe setzen und lehnte sich an einen der massiven Baumstämme. Als ihre Augen trüb durch die Gegend wirrten und ihr der Kopf auf die Knie fiel, merkte sie, dass sie sogar in den kleinen Insekten im Untergrund feinste Fäden des Arkanen erkennen konnte.
Das Rauschen vermischte sich mit den monströsen Klängen, die sie schon zuvor wahrgenommen hatte. Diese verfielen mittlerweile in einen Singsang und stimmten zu düsteren Melodien an. Dem grausigen Kreischen zu entkommen, hielt sich Morwen die Ohren zu und schloss die Augen, um nur für einen Moment Ruhe zu bekommen. Sie versuchte sich auf ihren Atem zu konzentrieren, versuchte ihren Rhythmus wieder zu beruhigen, da spürte sie eine warme Flüssigkeit auf ihre Schulter tropfen. Sie roch nach fauligem Aas und ihr wurde schlecht. Als sie nach Oben guckte, um herauszufinden, woher das widerliche Sekret stammte, sah sie über sich in den Ästen des Baumes eine Tierähnliche Fratze mit gelben Augen und gebleckten Reißzähnen, die sie gierig anschauten. Die Gestalt von der kaum mehr als ein Schatten zu sehen war, fing an zu gackern und ließ sich auf sie fallen. Gerade noch gelang es Morwen sich ihrer Lage bewusst zu werden und zur Seite zu rollen. Sie sprang sofort auf, zückte ihren Dolch und wandte sich in Richtung des Geschöpfes. Ihr Rücken schmerzte an der Stelle, der sie über ihre eigene Tasche gerollt war, doch stellten die hungrigen Blicke vor ihr eine größere Bedrohung dar. Die Flut an Eindrücken verhinderte, dass sie mehr als Schemen einer humanoiden Form in knappen eineinhalb Metern vor sich sehen konnte. Es zogen sich keinerlei Fäden durch ihren Gegner und so hob er sich stark von der Umwelt ab. Unentschlossen wartete sie ab, dass die Kreatur sich noch einmal auf sie stürzen würde. Das Wesen gab einen Laut von sich, das man primitiv wohl als Lachen verstehen könnte und schoss erneut auf Morwen zu. Den Rumpf wie ein Pfeil nach vorne gelenkt, kam es mit besorgniserregender Geschwindigkeit voran, sodass ihr nicht viel übrigblieb als die scharfen Pranken mit ihrem Arm abzufangen. Morwen schrie auf, Hitze wallte durch ihren Körper und ihr Herz klopfte immer schneller. Mit ihrem Dolch stach sie nach dem Bauch der Kreatur, welcher viel zu spät bewusstwurde, in was für eine verletzliche Lage sie sich gebracht hat. Ohne Widerstand fraß sich das Vulkanglas durch Fleisch und Sehnen. Ein Wimmern entfleuchte der Kreatur als sie versuchte zurückzufallen. Quiekend fiel sie zu Boden und kroch auf allen Vieren von Morwen davon. Als sie hinterher setzen wollte, vernahm sie weitere dunkle Flecke, die sich vor die linienvollzogenen Bäume bewegten. Drei Stück kamen langsam in ihre Richtung und jedes von ihnen gab das Gackern von sich, dass sie davor wahrgenommen hatte. Sie trugen Waffen mit sich, primitive Keulen oder gespitzte Holzstäbe würde Morwen vermuten. Sie hatte wenig Interesse es mit dem eigenen Leibe herauszufinden. Sie wusste nicht wie schnell die Biester waren, doch konnte sie, wenn sie wollte, es für kurze Zeit mit einem Reh aufnehmen. Sie war bereit sich dem Wettstreit zu stellen und drehte sich um und rannte.
Kaum war sie am ersten Baum angelangt, schlug ihr etwas hartes direkt gegen den Kopf. Sie taumelte und fiel benommen zu Boden. Ihr Kopf pochte und die Welt überschlug sich. Der Gestank des Bestiensekrets kam ihr in den Sinn und ihr Mageninneres bahnte sich einen Weg nach draußen. Ihren Peiniger schien es zu amüsieren, lachte er doch schadenfroh auf. Wutentbrannt stürzte sie sich auf den Ursprung des Geräusches und bearbeitete ihn mit blinden Hieben ihres Dolches. Völlig überrascht brachte dieser nicht mehr als ein Kreischen heraus, als er mit ihr zu Boden ging und seinem Schicksal erlag. Sie spürte warme Flüssigkeit an ihren Händen und schmeckte Eisen in ihrem Mund, als sie von der Kreatur abließ und sich auf wackligen Beinen emporhob. Hinter ihr war das wütende Kreischen seiner Kameraden nicht zu überhören. Zum Rennen war sie nicht mehr in der Lage und so machte sie sich ein weiteres Mal bereit, ihren Gegnern in die Augen zu schauen. Sie versuchte auszuholen, doch durch das Blut an den Händen und ihrem Schwindelanfall, rutschte ihr der Dolch aus den Händen und verlor sich in den Tiefen der Äste. Über mehr als ein Staunen kam sie nicht hinaus, da waren die drei doch schon direkt bei ihr und einer von ihnen bohrte seinen Speer direkt in ihre rechte Brust. Der Atem stockte ihr kurz und sie viel auf die Knie. Mit einem letzten Blick schaute sie nach unten. Es war ein primitiver angespitzter Holzspeer, der das Blut aus ihrem Körper fließen ließ. Morwen wurde schwarz vor Augen und sie viel bewusstlos zu Boden.

 

Mit stechenden Kopfschmerzen wachte sie auf. Der Schmerz in der Brust erinnerte sie schnell an die unheilvolle Lage, in der sie sich befand. Sie traute sich kaum, sich zu bewegen. Langsam öffnete sie die Augen. Es war noch immer dunkel. Das erste, was sie sehen konnte, waren die Gesichtszüge eines Mannes, der von Mond und einem Feuer in der Nähe angeleuchtet wurde. Er starrte sie mit müdem Lächeln an. Er schien bis auf eine kurze, enge Hose nichts am Leibe zu tragen. Auch er schien einige Spuren von Verletzungen aufzuweisen. Sie stütze sich auf die Arme, um sich umzusehen. Bei diesem Versuch wurde ihr schmerzlich bewusst, dass ihr rechter Arm von der Kreatur aufgerissen wurde. Er schien aber leicht verbunden zu sein, sodass kein frisches Blut floss.
„Haben dich ja ordentlich zugerichtet, dachte ich helf‘ dir mal aus und decke die Wunden ab.“ Hörte sie den Fremden in rauer Stimme sprechen. Und tatsächlich, als sie runter auf ihre Brust blickte, erkannte sie, dass er den Stoff ihres Oberteils zerrissen und sie als Bandagen benutzt hat.
„Hätte ja meine eigenen genommen, aber die haben die Biester mir direkt vom Leibe gerissen.“ Sagte er entschuldigend, wobei sein Blick für nur einen kurzen Moment nach unten schielte. Er fing sich schnell und schaute ganz unschuldig drein. Sie schaute ihn mit ausdrucksloser Miene an und wand den Kopf zur Seite in Richtung des Feuers. Die Arkanen Strukturen schienen verblassen zu sein und Morwen konnte im Schein zum ersten Mal wirklich erkennen, was sie vorhin angegriffen hat.
Haarige Gestalten mit einem Gesicht, das eine Mischung zwischen Raubbestie und Menschen formte in Rotbraunen bis grau oder schwarzen Farben. Ihre Arme waren unverhältnismäßig lang und ihre Augen schienen aufgeregt, aber aufmerksam in alle Richtungen zu huschen. Der Anblick der Fremdlinge brachte ihr den Gestank und die Abneigung wieder in den Sinn und sie konnte einen Würgereiz nicht unterdrücken.
„Scheinen dich heftig am Kopf erwischt zu haben. Aber ich gebe zu, beim ersten Mal kam auch mir das Kotzen“. Morwen beachtete ihn gar nicht und schaute weiter gebannt auf das Treiben der Wilden. Die Art wie sie ums Feuer tanzten und sich in ihrer schrillen Sprache unterhielten zog sie, trotz des immer wieder kommenden Abscheus, an. Und so blickte sie weiter auf das Geschehen bis
ein Brennen in ihrer Brust sie zurück in ihr Bewusstsein holte. Etwas an der Art des Notdürftigen Verbandes fühlte sich nicht gut an.
„Nicht abnehmen, das drunter kann ganz schön verstörend aussehen. Hat mir selbst ‘nen Schrecken eingejagt. Außerdem tut das der Wunde bestimmt auch nicht gut!“ Kam der besorgter Ruf von gegenüber. Unbekümmert löste sie den Knoten und zog den Stoff mitsamt getrocknetem Blut unter Schmerzen von ihrem Körper. Aus der Wunde quoll erneut tiefrotes Blut und sammelte sich um ihren Bauch. Nach kurzer Betrachtung erkannte sie, dass die Hilfe des Fremden zwar dafür sorgte, dass das Blut anfing zu gerinnen, aber sonst nur mehr Schaden angerichtet hat. Mehrere Steinchen und Erdreste klebten in Ihr und es schien, als habe er durch schiere Grobheit beim Anlegen die Ursprüngliche Verletzung weiter aufgerissen. Sie entließ ein lautes Grunzen und schaute sich den Verband ihres Armes an. Auch er stellte keine präzise Arbeit dar und so zog sie auch ihn ab und machte sich daran die Reste, die sie erkennen konnte, unter zusammengebissenen Zähnen aus ihrer Haut zu pulen. Der Fremde schaute ihr aufmerksam zu, traute sich aber nicht, noch einen weiteren Kommentar abzugeben.
Als Morwen fertig war, fing sie an ihren Kopf abzutasten. Sie vernahm kleinere Schnitte, doch es klafften keine Wunden. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Dachte an die Momente mit ihrer Meisterin zurück, an die Worte und die Konzepte ihrer Gedanken. Dachte an Kräutersalben auf den Wunden der Tiere und Menschen, die sie behandelten. Sah die Konturen ihrer eigenen Verletzungen und wie sie wieder zusammenwuchsen. Sie fühlte einen Moment tief in ihr Innerstes. Suchte eine Präsenz, die mit ihr kommunizierte. Die auf ihre Rufe Antwort gab und als sie es hörte leitete sie sie an. Morwen ließ die Energie der Präsenz durch den Körper strömen. An die Stellen ihrer Wunden und dachte noch einmal an die Bilder der sich schließenden Wunden. Sie spürte, wie Gedanken Realität wurden. Wie Geflochtenes wahrhaftig ist und die Schmerzen sich legten.
Ihre Augen zu öffnen wollte sie nicht mehr. Viel zu müde war sie. Ganz schläfrig und ausgelaugt. Und ihr Körper fiel schlaff zu Boden und ließ den fremden Mann mit seinen aufgerissenen Augen und vielen Fragen allein zurück.

 

Ein weiters Mal erwachte sie aus der Schwärze. Die Augen wollte sie noch nicht öffnen, lieber wäre sie einfach liegengeblieben. Ein erregtes Kreischen in ihrer Nähe riss sie aber völlig aus der leichten Trance. Sie öffnete die Augen und starrte auf das Feuer, welches nun deutlich größer brannte als zuvor. Vor diesem standen die Kreaturen nun und gaben erquickte Geräusche von sich. Gleich rechts davon stand der größte von ihnen und schien einen Sprechgesang zum Besten zu geben. Beim zweiten Blick wurde Morwen klar, dass er nicht körperlich kräftiger war als die anderen, sondern lediglich eine Maske aus Knochen sein Gesicht verbarg und noch weit über seinen Kopf ragte.
Hinter ihm schienen zwei der Kreaturen mit etwas zu ringen. Es stellte sich ein mit Blut und Dreck verschmierter, nackter Mann raus, den sie mit größten Mühen in Richtung Feuer schleppten. Übles ahnend blickte Morwen links von sich, doch der Mann saß noch immer neben ihr und schaute mit großen Augen dem Geschehen zu. Er schien sie gar nicht wahrzunehmen und starrte weiter geradeaus. Als sie den Blick wieder zurück in Richtung Feuer richtete, sah sie den maskierten gerade zu dem gefesselten Mann sprechen, der sich noch immer panisch aus den Griffen seiner Feinde zu befreien versuchte. Seine Bemühungen schienen aussichtslos und er wurde nun direkt vor das Feuer gedrückt. Seine Fersen erreichten das Feuer und er fing an laut und schrill zu schreien. Das Wesen mit Knochenmaske schien unbeirrt weiter auf ihn einzureden, während die zwei Anderen den Mann an Ort und Stelle festhielten und gleichzeitig so weit wie möglich, Abstand zum Feuer zu halten. Die angsterfüllten Schreie des Mannes übertönten mittlerweile alles um ihn herum. Doch wie ein Wunder schien, die Stimme des maskierten in ein Grollen überzugehen, dass Morwen das Beben der Erde spüren konnte. Eindringlich sprach der Maskierte zum Mann am Feuer in seiner Bestien Sprache, als er auf Einmal aufhörte, sich nach unten bückte und Messer und Schale aus Knochen vom Boden vor ihn aufhob. Im gleichen Moment formten sich aus den flammenden Zungen etwas, das an Arme und Hände erinnerte und griffen nach dem Mann. Die zwei Kreaturen sprangen zur Seite und überließen ihn dem Feuer. Panik und Tränen standen nun in seinem Gesicht und er schlug verzweifelt um sich. Erfolglos. Weitere Arme Griffen nach ihm und stemmten ihn zu Boden und ein Gesicht trat in den Flammen hervor. Es nahm keine deutliche Form an und ließ nur Augen und ein Maul erkennen. Noch einmal sprach der Maskierte in seiner Sprache und schnitt dem Gequältem die Kehle auf und erlöste ihn von seinen Qualen. Es wurde beängstigend ruhig, als das Blut in die Schüssel floss, und nur noch ein röchelndes Lachen aus dem Feuer war zu hören.
Die Schüssel färbte sich bis zum Rande mit Rot und als er sie vom Hals abnahm, schoss das Maul aus Flammen hervor und machte sie über den Toten her. Der Geruch von verbranntem Fleisch, Eisen und Schwefel erfüllte die Luft und Ekel machte sich ein weiteres Mal in Morwen breit.
Die Flammen des Feuers stiegen auf. Formten Gliedmaßen zu einem Körper. Die flammende Gestalt bäumte sich auf und sprach in tief- knurrendem Ton. Zu Morwens großer Überraschung konnte sie vernehmen was die Laute für eine Bedeutung mit sich trugen.
„Eure Gaben sind gut, doch dürstet es mich nach mehr. Nicht mehr lange und ich werde vor euch stehen als Herrscher.“
Die Wesen fingen an vor der beeindruckenden Gestalt im Feuer zu knieen und antworteten in ihrer Sprache.
„Eure Mühen sind nicht vergeblich. Ich werde euch geben, für das was ihr mir brachtet. Sodass ihr euch erinnert, dass ich wohlgesinnt denen bin, die mich nicht bezweifeln und mir ergeben sind. Steigt meine Macht, so wird es auch die eurige.“
Die Monster brachten ihre Köpfe ehrergiebig gen Boden und summten gemeinsam im Chor ihrer Sprache.
Die Flammen lösten sich auf und einigten sich zu einem Strahl, der in die blutgefüllte Schüssel flog. Die Knochenmaske stand auf, nahm die Schüssel in die Hand und bewegte sich in Richtung des nächstliegenden Wesens. Es sprach zu ihr und fing an den Inhalt der Schüssel auf ihren Kopf zu tropfen. Sie hob den Kopf und öffnete das Maul, die Raubtierzähne entblößend. Die Prozedur wiederholte sich im Kreis der Wesen, bis es zuletzt seine Maske löste und sich selbst im Blut ergoss.
Noch wie in Trance ihrem Chor verfallen, bewegten sie sich gemeinsam in das Feuer vor ihnen. Keines von ihnen zuckte, als sie in die Flammen stiegen und dort mit Gesang verharrten. Nach kurzer Zeit fing ihr Fell an zu brennen und es zeichneten sich rote Linien durch ihren Körper, die Morwen an die blau- silbrigen Linien der Arkanen Strukturen erinnerten. Plötzlich schienen ihre Körper an den Linien aufzubrechen und Blut aus ihnen heraus zu quellen. Sie waren noch immer in einem Chor versunken und hielten die Augen geschlossen. Die Linien an ihren Körpern bewegten sich unrhythmisch und immer öfter schien ihre Haut aufzubrechen. Es schien als würden sie sich wie Schlange häuten und ihr Altes abwerfen. Aus manchen Öffnungen stachen Knochen hervor und drückten den Rest des Körpers in alle Richtungen. Ihre Beine wurden länger, ganz gleich den Armen, die immer kräftiger wurden. Ihr Schädel schien sich zu Formen und das animalische zu verlieren. Die leichten Lederschürzen, die sie um ihre Körper trugen, rissen und es formten sich markante Geschlechtsteile, die zuvor verdeckt wurden. Der abscheuliche Anblick dieser Transmutation zog sich über mehrere Minuten und ließ Morwen und den Mann neben ihr gebannt auf das Szenario starren, welches sich vor ihnen abspielte.
Nach einer Weile ließen die Bewegungen in den Körpern nach und der Gesang stoppte. Das Feuer stieß mit einem verachtenden Lachen noch einmal empor und erlosch gänzlich.
Völlige Dunkelheit umgab sie. Der Mond schien nicht mehr kraftvoll genug zu sein, um sich durch die Blätter des Waldes zu kämpfen.
Neben sich vernahm sie nur ein unruhiges Keuchen, doch konnte sie es ihm kaum verübeln. Was sie gerade gesehen hatte, überstieg jedes Ritual, dem sie in ihrem Leben beigewohnt hatte. Es war nicht unüblich zu einem mächtigen Geist zu sprechen, doch waren Menschenopfer und die Mischung ihrer Essenz etwas das als unwürdig und lebensgefährlich galt. Es ist dem Wahnsinn gleichzusetzen.
Sie ließ sich zu Boden fallen und spürte den Mann neben sich rücken und flüstern:
„Was ist da gerade passiert? Was war das für eine kranke Scheisse? Du hast auch sowas unnatürliches abgezogen. Wie deine ganzen Wunden geheilt sind! Ich dachte das sind verdammte Märchen, die sich irgendwelche Penner in der Stadt erzählen, um Eindruck zu schinden. Sollte mich aber auch nicht wundern, dass ich auf so ‘ne verrückte Kacke stoße, irgendwo in ’nem verkacktem Wald, indem Tiere sich verwandeln und mit Feuer sprechen. Aber zum Glück bist du ja jetzt gekommen, um mich zu retten, hast dir schon überlegt was du Großartiges machst, damit wir hier rauskommen?“
Der letzte Satz irritierte Morwen. Sie drehte den Mund in die Richtung, in welcher sie sein Ohr vermutete:
„Was lässt dich denken, dass ich gekommen bin, um dich zu befreien. Ich habe keine Ahnung wer du bist.“
Der Mann schien ein brummendes Lachen von sich zu geben. „Also mein Name ist Mateo, damit ist der erste Schritt getan.  Zu der anderen Sache… Das ist immer so, irgendwer kommt und hilft mir rauszukommen. Das Schicksal meint es wohl gut mit mir. Bin vielleicht ein Liebling der Göttin. Ich muss in der Regel nur Geduld haben. Die Möglichkeiten kommen dann von ganz allein, nur ein paar Worte hier, oder einen kleinen Schups in die richtige Richtung und es wird schon.“
Verblendeter Idiot waren die ersten Worte das Morwen in den Kopf kamen. „Muss toll sein die ganze Zeit zu warten und sich auf andere zu verlassen.“ War das was sie sagte.
Die trotzige Antwort Mateos wurde von Lauten in der Dunkelheit unterbrochen. Die Gestalten schienen sich wohl wieder in Bewegung gesetzt zu haben. Sie waren lauter als zuvor und brachen in ein Triumphgebrüll aus. Es war wie das Kreischen eines Hahnes, der es nicht mehr abwarten konnte, dass die Sonne aufging. Sie schienen sich im Lager rumzutreiben und man hörte wildes Scharren. Darauffolgend laute Rufe, gepaart mit erschrecktem Menschenschreien. Ein erregtes Hecheln mischte sich unter die Laute und Schreck wandelte sich in Weinen und Schmerz.
„Scheisse was machen die denn? Kommen die zu uns rüber und ziehen noch einmal denselben Mist ab? Das war widerlich!“ Sie ließ die Frage unbeantwortet und versuchte sich auf den Lärm zu konzentrieren, um ihre Positionen zu erahnen. Erfolglos. Die Kakophonie aus Lust und Leid schien aus jeder Richtung zu kommen und wurde von den Bäumen in alle Richtungen zurückgeschallt. Morwen brauchte Licht, doch noch immer verbarg sich der Mond. Sie atmete tief durch, schloss die Augen und dachte an Katzen, wie sie selbst eine zuhause hatte. Fokussierte sich auf ihre Augen und ließ das Bild ihrer Pupillen in ihrem Inneren erscheinen. Noch einmal griff sie nach der Kraft in ihr und als sie ihre Augen wieder öffnete, konnte sie das perverse Treiben erkennen, das sich vor ihnen abspielte. Die Gier in den roten Augen der Mutanten machte ihr Angst. Sie schienen sich Männer und Frauen in Käfigen zu halten, genau wie ihrer und machten sich daran zu schaffen ihre neue Macht auszuprobieren. In ekelhafter Brutalität drückten sie ihre Opfer auf den Boden und drangen in sie ein. Eine weibliche Form der Mutanten schwang sich hemmungslos auf dem Becken eines nackten Mannes hoch und runter, welcher vor Schmerzen schrie, als seine Knochen brachen. Ein anderer Mann wurde gewaltsam gegen einen Baum gedrückt und die Pranken des Monsters schlitzen ihm den Rücken auf, während neben ihm eine Frau zu Tode gewürgt wurde.
Morwen konnte sich nicht mehr ansehen, was gerade vor sich ging und wandte sich ab, nur um in die blutunterlaufenden Augen eines der Monster zu blicken, welches durch die großen Löcher ihres hölzernen Käfigs griff und ihre Schulter packte. Sie wandte sich aus seinem Griff, was ihre frisch verheilte Haut mitsamt dem übrig gebliebenen Rest ihres Oberteils aufriss. Nun packte sie den ausgestreckten Arm des Monsters und zog es zu sich. Völlig überrascht von dem Ruck und ihrer Kraft stolperte es nach vorne und viel mit dem Kopf durch eines der Löcher im Käfig. Morwen trat drei Mal dagegen und hörte es knacken. Der Körper hing schlaff unter ihr.
„Was zur Hölle passiert hier, ich kann nichts sehen!“ Rief es von der anderen Seite des Käfigs.
„Ich glaube hier kommt eins von diesen abartigen Dingern auf mich zu!“ Und tatsächlich schien eine weibliche Erscheinung der Mutanten gerade den Käfig zu öffnen und nach Mateo zu greifen, welcher wild um sich schlug und versuchte dem tödlichen Griff zu entkommen. Seine Versuche erwiesen sich als wirkungslos, als der Arm ihn packte. Es war ein so großes von Muskeln durchzogenes Exemplar, das nach seinen Armen griff, die im Verhältnis wie kleine Stöcke wirkten und einen von ihnen schlichtweg zerbrach. Er schrie vor Schmerz und gab seine Verteidigung auf. Morwen nutze den Moment in dem das Monster abgelenkt zu sein schien und versetzte ihr einen heftigen Tritt gegen das Knie, das jedem normalen Menschen die Gelenke verdreht hätte. Doch als ihr Fuß auf das Ziel traf, fühlte es sich an als hätte sie versucht einen großen Felsen zu treten. Ein Schmerz durchzuckte ihr gesamtes Bein und sie bekam die wütende Pranke der Mutantin ins Gesicht, welche sie in die Ecke des Käfigs beförderte. Kurz benommen schüttelte sie den Kopf und sah, dass die haarige Bestie sich weiter versuchte über Mateo her zu machen. Noch einmal schloss Morwen die Augen und tastete nach der schlummernden Kraft, wie es ihr die Meisterin gezeigt hatte. Es war nicht mehr viel da und was nun kommen sollte, würde wohl den Rest aufbrauchen. Doch sie konzentrierte sich auf den Boden. Dachte an die große Eiche, vor der sie schon so viele Male als Kind stand und an die mächtigen Wurzeln, die sie in den Boden gegraben hatte. Folgte den Wurzeln in die kalte Erde und sah ihre Windungen und Formen, wie sie sich bewegten als würden sie einen Tanz vollführen. Als sie ihre Augen öffnete, fing der Boden unter ihr an zu beben und das Grass vor Mateo riss auf. Kräftige Wurzeln schlängelten sich an den Beinen seiner Peinigerin hinauf und umschlungen den gesamten Körper. Ein wütendes Fauchen war das letzte was von der Mutantin zu hören war als eine Wurzel so breit wie ihr Kopf unter ihr aus dem Boden schoss und ihren Leib in Zwei teilte. Das Blut spritzte auf Mateo, welcher stumm dasaß, als das über zwei Meter große Monster in zwei Hälften zu Boden sank.
„Das werde ich nicht noch einmal machen können. Wir sollten jetzt verschwinden.“ Morwen packte seinen heilen Arm und zog ihn auf die Beine.
„Ist das Blut?  Was ist gerade passiert? Wo ist das Vieh hin?“ Sie hatte vergessen, dass er noch immer nichts im Dunklen erkennen konnte.
„Folg mir einfach und sei still!“ sagte sie und zog ihn hinter sich her, als sie sich aus dem Käfig begab und umschaute, in welche Richtung sie rennen sollten.
Das brutale Treiben hat sich mittlerweile in alle Himmelsrichtungen ausgebreitet. Überall lagen verstümmelte Körper und ihre einzelnen Gliedmaßen auf dem Boden. Manche schienen noch am Leben zu sein und starrten voll Verzweiflung und Schmerz unfähig ihrem Schicksal zu entkommen. Der Eisengeruch in der Luft wurde immer stärker und die Schreie lauter.
Morwen machte eine Lücke hinter dem Käfig aus, zwischen zwei Kreaturen, welche sich über die schlaffen Körper ihrer Opfer knieten und an ihnen labten. Sie hatten ihr den Rücken zugewandt und schienen vertieft in ihre Obsession zu sein. Sie zog an Mateos Hand und führte ihn um den Käfig herum. „Mach dich bereit zu rennen.“ Flüsterte sie ihm zu und ging in schnellem Schritte auf die dichten Bäume zu, von denen sie sich Zuflucht erhoffte. Wie ein großes Tor wirkten die zwei Kreaturen, das von wilden Hunden bewacht wird, denen man ein Stück Fleisch vorgeworfen hat.
Morwen konnte Mateos Puls in ihren Händen spüren und als sie sich kurz zu ihm umdrehte, sah sie, wie er noch immer leicht panisch den Kopf in alle Richtungen wandte und bei jedem neuen Laut aufschreckte. Er erinnerte sie an ein Rehjunges, welches sie letzten Sommer im Wald aufgelesen hatte. Es hatte sich die Hufe verletzt und konnte, allein gelassen ohne Eltern, kaum vom Fleck kommen. Als Morwen näherkommen wollte, zuckte es ängstlich zusammen. Selbst nachdem sie sich der Hufe angenommen hatte, schien jeder Vogel in den Ästen und jede Maus im Unterholz das Kitz aufschrecken zu lassen.
Er tat ihr fast schon leid.
Sie hatten das Lager nun fast gänzlich hinter sich und waren in etwa auf gleicher Höhe mit den hungrigen Bestien, welcher noch immer kein Bewusstsein für ihre Umgebung zu haben schienen. Die Schlinggeräusche links und rechts waren nun deutlich zu hören. Das eklige Schmatzen ließ ihnen die Haare im Nacken zu Berge stehen. Ihre Körper waren heiß und verschwitzt und der Wunsch sich zu übergeben wurde immer stärker.
Es galt nun aber die letzten Schritte zu machen und weder den Bedürfnissen nach Kotzen oder einem panisch lauten Schrei nachzugehen. Sie zwangen sich dazu leise weiter zu schleichen, bedächtig nicht über eine der am Boden verteilten Leichen zu stolpern. Morwen führte Mateo an einer auf dem Boden liegenden Frau vorbei, deren rechter Arm und Bein in einem unnatürlichen Winkel von ihrem Körper abstand. Es waren nur noch drei große Schritte bis zum Ende der Lichtung und sie hatte das Gefühl, vereinzelte Strahlen schwach pulsierenden Mondlichtes zwischen den prächtigen Nadeln der Tannen ausmachen zu können.
Plötzlich packte sie etwas am Knöchel ihres Fußes. Es war nass und warm. Als sie nach unten guckte schaute sie in das verzweifelte Gesicht der Frau, die sie für tot gehalten hatte. „Bitte!“ Flehte sie, in ein Schluchzen fallend. „Lass mich nicht zurück.“ Tränen vermischten sich mit dem Blut, welches ihr Gesicht bedeckte. „Lass mich nicht sterben.“ Ein hysterischer Hilferuf, der nur zu hören ist von denen, die wissen, dass sie gleich sterben werden. Der schrille Schrei blieb nicht ungehört und die zwei Torwächter horchten auf und drehten ihre Gesichter in ihre Richtung. Sie sahen die Flüchtlinge und bleckten die gierigen, mit roter Schlicke gefärbten Raubtierzähne.
Morwen fluchte und versuchte ihren Fuß aus dem glitschigen Handgelenk zu befreien. „Renn!“ rief sie Mateo zu, der noch immer orientierungslos neben ihr stand und versuchte Schritt zu halten.
Mit Blick nach vorne hörte sie es neben sich aufheulen. Der Fuß, mit dem sie versucht hatte, Mateo vom Übergriff zu befreien, beklagte sich über die spontane Belastung und die Erinnerung über das Ergebnis ihres physischen Angriffes, machte ihr nicht gerade Mut.
Sorgen denen sie gerade keine Beachtung schenken konnte. Sie spürte Mateos Gewicht hinter sich, der Mühe hatte im Dunkeln ihr Tempo aufrecht zu erhalten. Als sie die ersten Bäume hinter sich gelassen hatte, schien er immer besser mit seinem Körpergleichgewicht zu rechtzukommen und sie merkte, wie die Umgebung langsam immer greller wurde.
Hinter sich vernahm sie dumpfe Schläge gegen Holz und das Kratzen von Krallen an der Rinde der Tannen. Die Geräusche ihrer Verfolger kamen immer näher. Man konnte ihr rohes, lüsternes Atmen durch den Wald hören. Dahinter ein Knurren wie von einem ungeduldigen Jäger, dem es frustrierte, dass seine Beute vor ihm wegrennt. Ein Jäger der nicht mehr spielen, sondern Fressen will.
Ihre Hoffnung zu fliehen, sank mit jedem Schritt. Mateo schien ähnliches zu denken, denn auch er wurde immer langsamer. Vielleicht waren es aber auch nur die Schmerzen. Bei Schmerzen fiel ihr wieder der Fuß ein und auch sie spürte wenig Enthusiasmus weiter zu rennen und verlangsamte ihre Schritte. „Meinst du wir könnten uns vor den Scheißern verstecken?“ Fragte Mateo mit leiser Stimme und ganz außer Atem. Sein Gesicht war ein Bild von Schmerz. Der Kiefer angespannt und die Haut um die Augen und auf der Stirn in tiefe Falten zusammengezogen. Wahrscheinlich sah sie gerade genauso aus. „Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich noch rennen kann.“
„Sobald sie uns finden, kommen wir nicht mehr weg.“ Auch ihr fiel es schwer Luft für Worte zu holen.
„Ich weiß nicht, ob du damit umgehen kannst, aber ich glaube jetzt wäre ein guter Zeitpunkt zu erwähnen, dass ich kurz bevor du kamst, einem der Viecher eine merkwürdige Klinge abgeluchst habe. Mein Arm ist ziemlich hinüber“ Sie blieb stehen und starrte ihn an. Er wäre fast in sie hineingelaufen.
„Und davon erzählst du mir jetzt?“ Für einen genervteren Ton, hatte sie keinen Atem mehr.
„Es ist echt viel Scheiß um uns herum passiert!“ Gab Mateo entschuldigend von sich und fummelte unter seinen Klamotten herum. Er zog Morwens Dolch aus einer Lederschnall unter seiner Hose und überreichte ihn. Grunzend nahm sie ihn entgegen. Er war leicht, passte aber perfekt in ihre Hand.
 Das Knurren kam bedrohlich nahe.
„Scheiße, lass uns schnell was suchen!“ rief Mateo ihr zu, doch Morwen war schon im Lauf, weg von ihren Verfolgern.
Verzweifelt hielten sie nach links und rechts Ausschau. Je weiter sie liefen desto besser konnte Mateo den Weg vor sich erkennen. Erst jetzt viel ihm auf wie gut Morwen ihn durch die Bäume geführt haben musste. Er war zwar schon öfter im Wald gewesen, doch dieser hier war deutlich dichter und verwachsener. Überall gab es kleinere Hügel und Erdlöcher, die es zu umrunden galt und mit den Armen drückte er das Gestrüpp von sich, welches ihm davor entgegengepeitschte.
Hinter ihnen hörten sie das Zerbersten von Holz. Als sie sich umdrehten, sahen sie wie einer der Jäger zwischen einer zersplitterten Tanne hervorpreschte. Sein rechter Arm war von blutigen Holzsplittern übersäht, doch er rannte unbeirrt weiter auf sie zu. In großen Sätzen überwand er die kleinen Kulen und brach die Äste des Unterholzes. Sein Partner war ihm dicht auf den Fersen. Feuer brannte in seinen Augen. Unlöschbar brannte es sich bis in das innerste seiner Seele hindurch. Er wollte mehr, wollte niemals aufhören. Die Gier trieb ihn an. Machte ihn stark, machte ihn ignorant. In einem großen Sprung griff er an. Durchbrach mitten in der Luft mit seinem Körper einen fünfzehn Centimeter dicken Ast und landete mit voller Wucht kurz vor Morwen und Matteo, welche gerade noch wach genug waren panisch zur Seite zu springen. Das Wesen richtete sich sofort auf und warf sich auf Morwen. Sie winkelte Beine und Arme vor sich an, um Abstand zwischen sich beiden zu bringen. Der Dolch stach durch die linke Flanke der Bestie und ließ dampfendes Blut hervorquellen. Morwen schaute dem Feind nun direkt in die Augen. „Hunger!“ Dröhnte etwas aus dem Maul. Der Kiefer öffnete sich und schnappte nach dem Kopf des Opfers. Morwen wand sich unter ihm zur Seite und die Zähne schmeckten Graß und Erde anstelle des erhofften süßen Fleisches. In ihrer neuen Position viel es Morwen immer schwerer zu atmen. Ihr Körper drohte unter der Kraft des Monsters nachzugeben und zu brechen. Sie spürte den heißen Atem und roch den Gestank von Blut. Es war still. Alles was sie vernahm war das Rauschen eines Baches hinter ihr, welches vom Stapfen ihres zweiten Verfolgers durchbrochen wurde.  Von Matteo fehlte jede Spur. „Gib sie mir!“ Hörte sie aus der Kehle des anderen kommen. „Meine Beute!“ erwiderte das Wesen über ihr in einem aggressiven Knurren.
„Nein, Meins!“ und mit einem Jaulen sprang er den anderen an. Morwen Last fiel auf einmal völlig von ihr ab und sie konnte tief einatmen. Links von ihr rollten sich die zwei Fellbestien im Dreck und rissen sich die Haut auf. Sie zwang ihre Knochen sich zu bewegen und richtete sich auf. Schnell rannte sie in Richtung des Wassers, welches sie vorhin gehört hatte und ließ die zwei Streitenden hinter sich. Sie brauchte nur ein paar Meter, um das Wasser zu erreichen. Es stellte sich als ein drei Schritt langer Bach heraus, dessen Wasser teile des Mondlichtes spiegelten. Er schien tief zu sein und am Ufer steil abwärtszusteigen. Es hatten sich hier und da, Büschel von Pflanzen angesetzt, die Morwen von Bächen in der Nähe ihrer Hütte kannte. Andere Pflanzen waren, zu ihrer Verwunderung, völlig fremd.  Weiter abwärts des Baches vernahm sie leichtes Platschen. Eilig lief sie flussabwärts, um auszumachen, was die Ursache des Geräusches war. Sie hatte keine Ahnung wo Mateo geblieben ist, aber hatte ihn auch nicht schreien hören. Es ging steiler abwärts als sie erwartet hätte und Büsche sowie lange Gräser versperrten ihr Sicht und Weg. Raschelnd drückte sie das Gestrüpp zur Seite. Das Brüllen und Kreischen der zurückgelassenen Monster verlor sich immer mehr zwischen den Ästen der Nadelbäume und ihrem Kleide. Morwen bahnte sich einen Weg zum Bach, an der Stelle, an der sie die Geräusche vermutete, doch als sie nun direkt vorm Wasser stand sah sie nichts außer den dunklen Strom vor sich, welcher unaufhörlich weiter floss.
Auf einmal fühlte sie sich verloren. Sie hatte keinen Orientierungspunkt und kannte diesen Wald nicht. Sie war es zwar gewohnt allein zu sein, wusste aber doch immer, wo sie hinwill und wo sie sich gerade befand. Zu wissen, dass wahnsinnige Gestalten diesen Wald beherbergten, ließ das Gefühl nur hässlicher werden. Sie betrachtete weiter das Rauschen des Baches. Das Fließen hatte einen hypnotischen Ausdruck und ließ sie nicht los. Das Geräusch beruhigte sie, ließ sie nachdenklich und schläfrig werden. Ihre Hand streckte sich gen Nasses und tauchte in die tiefe Kühle ein. Die andere umklammerte noch immer den Dolch, sich Sicherheit und Kontrolle versprechend. So saß sie für kurze Zeit, völlig still und regungslos. Wünschte sich einfach hineinzufallen und treiben zu lassen. Für eine Weile unterzutauchen und irgendwann wieder hochzukommen. Immer näher kam ihr nackter Oberkörper dem fließenden Wasser. Immer tiefer sank ihr rechter Arm. Ein dumpfes Zischen gelangte an ihr Ohr, wie eine verheißungsvolle Schlange, welche ihr ein Geheimnis erzählen wollte. Sie verlocken wollte. Mit süßem Klang umschmeichelte sie sie mit ihren Lauten, doch Morwen wollte sich nicht verlocken lassen. Nur das Wasser vermochte ihr Sehnen zu erfüllen. Noch einmal hisste die Schlange in ihr Ohr. Jetzt lauter, bissiger. Morwen vermochte es nicht zu deuten. Das Hissen wurde zu einem Fauchen. Die Schmeicheleien verschwanden und Sorge trat anstatt ihrer auf. Die Schlange neben ihrem Ohr verschwand und auf der anderen Seite des Ufers sprach das Fauchen eines Schakals, eine Warnung. Noch einmal das Fauchen, jetzt deutlicher und klarer. „Was machst du da? Komm jetzt hier her!“ Das Fauchen wurde befehlend, der Schakal fast wütend. „Wir müssen hier weg, bevor noch mehr kommen!“
Noch mehr? Und da erinnerte Morwen sich. An das Fell der bösen Kreaturen. An den hölzernen Speer der sich durch ihr Fleisch fraß. An Matteo und das Ritual den brennenden Dämonen im Feuer und an ihre Flucht durch den mit Leichen bedecktem Boden.
Sie blinzelte und schaute auf. Der Schakal auf der anderen Seite war weg und anstatt seiner saß ein nasser Matteo, der seine Hand in ihre Richtung streckte und wild mit ihr gestikulierte. Sein Blick schien irritiert, doch fiel Erleichterung über seine Züge, als er realisierte, dass Morwen ihn wieder zu verstehen vermochte. Sie trat ein paar Schritte vom Ufer zurück und drückte das Graß auseinander. Matteos Züge verdüsterten sich wieder. „Willst du da wieder zurück? Bist du des Wahnsinns? Da wirst du niemanden mehr retten!“
Morwen blickte ihm in die Augen und gab ihm zu verstehen, zur Seite zu gehen, während sie Anlauf nahm. Matteo war noch immer völlig perplex, als sie neben ihm zurück auf ihre Füße kam. Einen solchen Sprung hätte er höchstens den Zirkusakrobaten zugetraut, die sich zu mancher Jahreszeit in der Stadt rumtreiben und ihre Darbietung zum Besten geben. „Scheisse, nicht schlecht.“ Meinte er mit einem leichten Lachen, während er seinen Kopf schüttelte. Morwen erwiderte ein müdes Lächeln und sagte: „Lass uns noch etwas weiter gehen. So ein Bach wird sie wohl kaum aufhalten nach uns zu suchen. Wie hast du es eigentlich geschafft zu fliehen? Ich habe gar nicht gemerkt, dass du verschwunden bist.“
„Ich habe das gepflegte Verschwinden nahezu perfektioniert. In meiner Stadt bin ich der Beste.“ Prahlte Matteo mit einem Schmunzeln. „Ich bin in den Bach abgetaucht und von da an schien das Ding mich nicht mehr zu verfolgen. Ich traute mich nicht, aus dem Wasser zu gucken, aber als ich nicht mehr konnte und nach Luft rang, war nichts mehr in meiner Umgebung.“ Es schien Matteo zu gefallen, darüber zu reden und seine Brust schien für einen Moment bedeutend erhabener zu sein als zuvor.
„Es hat sie wohl nicht davon abgehalten, dich zuvor einzufangen.“ Erinnerte ihn Morwen.
Mutlos fiel Matteos Brust. „Jeder hat mal einen schlechten Tag. Außerdem konnten die Dinger mich riechen oder so! Ich bin jetzt schon ein paar Male durch die Wälder unserer Stadt gestriffen, aber noch nie sind mir so garstige Fellbestien vors Auge gekommen.“
„Das heißt du weißt, wo wir sind?“
„Na ich werde doch wohl wissen, in welchem Wald ich entführt wurde!“ Morwen kam nicht umher, über den Witz des Fremden zu lachen. Es war trocken, aber ehrlich. Er schien überraschend unberührt zu sein, trotzdem er nur knapp dem Tode entweichen konnte.
„Ich gehe immer westlich von Retos in die Wälder. Da sind die Pfade noch nicht so aufgewühlt von den ganzen durchfahrenden Händlern. Der Bach hier könnte ein Ausläufer des Firuns sein, wenn wir ihm Richtung Osten folgen, stoßen wir vielleicht auf Firun. Er fließt direkt durch unsere Stadt. Jetzt müssen wir natürlich nur noch herausfinden, wo Osten sein mag. Lass mich überlegen…“ Und Matteo suchte auf dem Boden und um sich herum nach Hinweisen.
Morwen schaute ihn mit hochgezogener Braue an und zeigte in Richtung Flussaufwärts „Das was du als Osten verstehst, sollte in dieser Richtung liegen.“
„Wie kannst du dir so sicher sein?“ fragte Matteo und schaute sie aus seiner knieenden Haltung fragend an.
„Was meinst du? Man spürt doch die vier Kräfte, die die Welt auseinanderziehen. Und das was du Osten nennst zieht von dort drüben.“ Und Morwen schritt an Matteo vorbei, den kleinen Hügel wieder aufwärts, den sie gerade noch heruntergeirrt kam.
Die Antwort schien Matteo nur weiter zu verwirren. „Was meinst du mit Kräften? Und was soll ich spüren? Ist das einer deiner magischen Spielchen? Was oder wer bist du denn nun überhaupt?“
„Nun gib erstmal Ruhe und lass uns sicher gehen, dass wir hier fortkommen. Ich habe wenig Lust noch einmal auf diese Monster zu stoßen.“
Die Idee schien Matteo einleuchtend. Das Gefühl beschlich ihn seltenst, aber für diese Nacht hatte er sein Glück schon weit genug herausgefordert und eine bessere Pfadfinderin wird er nicht bekommen. Mit Zuversicht stapfte er also seiner Retterin hinterher, den Hügel des Sees herauf.

Sorgsam nicht viele Geräusche von sich gegeben, erklommen sie die Anhöhe, welche sich als nur eine der ersten Etappen eines Hügelhaines herausstellte. Das Mondlicht fraß sich spärlich durch Wolkendecke und Nadelbäume. Ihre ganze Umgebung wurde in ein silbriges Grau getaucht, die sich in den Strömen des Wassers widerspiegelte. Eine gewisse Feuchte hing in der Luft und ließ den Boden unter ihren Füßen schlammig werden. Mit der Hilfe von moosbewachsenen Steinen und festen Grashalmen schafften sie den Anstieg. Um sie herum schien nichts auf einen genauen Pfad zu weisen und das Flussufer war gesäumt mit dornigem Gestrüpp. Also kämpften sie sich weiter schweigend flussaufwärts.
Das Fehlen von Stoff auf ihrem Oberkörper bekam Morwen immer deutlicher zu spüren, trotz etwaiger Versuche durch kleine Umwege eine passablere Möglichkeit zu finden, sich durch das Unterholz zu winden. Matteo schien es noch schwieriger zu haben. Trotz des fahlen Mondlichtes schien er noch immer Probleme zu haben sich zurecht zu finden. Sein Arm sah übel aus und war ihm mehr Hindernis als Hilfe beim Emporsteigen der Hügel. Er rutschte immer mal wieder weg und seine Haut und Klamotten waren geschminkt im roten Purpur seines Blutes und dem braunen Schlamm des Bodens.
Da Morwen schon länger keine Geräusche außer dem Rauschen des Baches und dem Stöhnen Mattheos gehört hatte, blieb sie stehen und wartete bis er bei ihr war.
„Ich glaube es ist sinnvoller, wenn ich dir helfe und wir etwas langsamer machen. Am Ende bringst du dich noch selber um.“
Mit einem gequältem Lächeln schaute er zu ihr und meinte „Sehe wohl nicht so grazil aus, wie ich hier rumstakse. Ich glaube die Viecher sind sowieso weg. Habe nichts mehr von denen gehört. Und von dem was ich mitbekommen habe ist Heimlichkeit nicht gerade ihre Stärke“
„Darauf will ich mich nicht verlassen. Ich weiß zwar nicht genau was für ein Ritual abgehalten wurde, aber sie schienen in der Lage die menschliche Sprache zu sprechen. Warum sollten sie nicht wissen, wie man sich an Beute pirscht?“ Antwortete Morwen, spürte im gleichen Moment aber einen Schwung Erleichterung, dass bis jetzt tatsächlich keine weiteren Geräusche zu vernehmen waren.
„Die menschliche Sprache?“ rief Matteo ungläubig aus. „Das war ganz sicher keine mir bekannte!“ Morwen blickte überrascht zu ihm. „Du meinst, du konntest nicht verstehen was sie zu dem Mann im Feuer sprachen?“
„Ganz genau. Ich weiß nicht, wo du das gelernt hast, oder wieso dir nicht einmal auffällt, dass sie eine vollkommen andere Sprache sprechen, aber du scheinst ja generell etwas mysteriös zu sein.“
Mehr als ein Brummen war von Morwen nicht zu vernehmen. Nachdenklich blickte sie in Richtung des Mondes, der auf sie hinablächelte und verbrachte ein paar Momente mit ihren Gedanken.
„Nun gut.“ Durchbrach Matteo kurz darauf die Stille: „Dann meine Dame, führet mich doch bitte durch dieses dornige Gestrüpp, welches meine Wege so peinigt.“
Verdutzt schaute ihn Morwen an, packte seinen am Rücken und schob ihn sanft in die richtige Richtung, an den Wurzeln einer großen Tanne entlang und hoch an einem Felsen. Sie half ihm Balance zu bewahren, bis sie oben angelangten und führte ihn weiter die Erdhügel hinauf zwischen den Ästen und Blättern den Waldes.
Die Anzahl an Rutschern, sowie Dornen und Ästen die Matteo gegen den Körper schlugen nahmen deutlich ab, aber auch ihre Geschwindigkeit.
Als sie die Hügelsammlung erreichten wurde ihr Weg deutlich einfacher. Es stellten sich zwischen Hügeln und Steinmassen zwar immer mal Lücken auf, doch gab es meist einen ungefährlichen Übergang vom einen zum anderen. Matteo gingen noch einige Fragen durch den Kopf, doch war er so außer Atem, dass er gar nicht Luft holen konnte, um einen Satz zu beginnen. Trotz der Stütze die Morwen ihm bot, verließ ihn immer mehr die Kraft und der Schmerz in seinem Arm nahm zu.  Das restliche Adrenalin in seinem Körper war aufgebraucht und es kostete ihn alles an Willenskraft weiter zu wandern. Morwen währenddessen schien leicht in Gedanken verloren zu sein. Anfangs war sie noch auf der Hut und horchte in jede Richtung, aus der ein Geräusch kam und sei es nur das Säuseln des Windes. Mittlerweile guckte sie sich nur schnell in die Richtung des raschelnden Laubes, hielt kurz inne und führte sie dann weiter des Weges. Sie schien zielsicher, obwohl sie nicht wusste, wo genau das Dorf lag. Es war wahrscheinlich das Selbstvertrauen, das in jedem ihrer Schritte lag. Sie wusste genau wohin sie zu treten hatte, machte keine Bewegung zu viel und schien doch immer den idealen Weg durch Geäst und Stein zu finden. Sie war wirklich ein Kind des Waldes dachte Matteo.

Sie schafften es noch einiges an Weg hinter sich zu bringen als Matteo schlussendlich aufgab und seufzend stehenblieb. „Ich glaube noch einen Schritt schaffe ich nicht mehr. Ich breche gleich zusammen.“ Brachte er zwischen zusammengeknirschten Zähnen hervor.
Morwen musterte ihn und meinte dann: „Der Wald scheint sich zu lichten, wir gehen wohl in die richtige Richtung. Ich werde schauen, dass wir bei der nächsten Gelegenheit, bei der wir einen Platz zum Liegen haben stoppen. Aber hier wirst du keinen Schlaf finden“
Er schaute sich um. Tatsächlich waren sie noch immer von Gestrüpp und Stein umgeben, dass nicht gerade mit Gemütlichkeit und einem Platz zum Nächtigen lockte. Stöhnend brachte Matteo noch einmal alle Kraft auf und ging weiter.
Es dauerte zehn Minuten und mehrmaliges Grunzen seinerseits, bis Morwen Halt machte und einen Platz fand, der sich eignete. Sie sammelte Laub und Moos, um ihnen zumindest ein gewisses Polster zu geben und breitete es unter ihnen aus.
Matteo ließ sich fallen, viel zu erschöpft, um sich an dem harten Boden zu stören. Morwen ließ sich neben ihn auf die Knie und schaute sich seinen verletzten Arm an. Sie tastete ihn noch einmal ab, drückte ihn sanft in verschiedene Richtungen, was ein schmerzverzerrtes Gesicht Matteos zur Folge hatte.
„Wenn ich wieder zu Kräften komme, schaue ich was ich tun kann. So kompliziertes Gewebe, wie bei einem Mensch oder Tier zu regenerieren und formen kostet Zeit, Kraft und eine Menge Übung. Vor allem, da ich ihn nicht direkt behandeln konnte. Ich kenne manche der Pflanzen in diesem Walde nicht und brauche das Licht der Sonne um sicher zu sein, das richtige zu finden. Ich kann dir nicht versprechen, wie gut ich ihn wieder hinbekomme. Versuch erstmal etwas Schlaf zu finden“ meinte Morwen und lies den Arm los.
„Immerhin lebe ich überhaupt noch, das ist doch ein guter Anfang.“ Er versuchte munter zu klingen, doch der Gedanke, dass er seinen Arm nicht mehr benutzen könne, bereitete ihn mehr Kummer als ihm lieb war. Er dachte an die Kletterpartien auf den Dächern der Stadt Retos mitten in der Nacht. An die kleinen Kartentricks in der Taverne, um doch noch an das Silberstück der Runde zu kommen. Und seine sonstigen kleinen Taschentricks um die Aufmerksamkeit und Gunst der hübschen Damen um ihn herum zu ergattern.
Unsicher blickte er in Morwens Richtung. Doch sie hatte sich ihm schon abgewandt. Mit geradem Rücken saß sie direkt neben ihm. Ihre Augen schienen geschlossen und die Spitzen ihrer Brust hoben sich im Takt zu ihrem langsamen und tiefen Atemzügen. Er fühlte sich machtlos gegen die hypnotische Wirkung ihrer entblößten Haut und folgte dem von Mondschein konturierten Kurven ihres Körpers.
Die Situation schien ihn auf einmal surreal und er vergaß sich für eine kurze Zeit völlig. Er wurde kurz aus seiner Träumerei herausgerissen, als er spürte wie sich zu ihm legte und sich fest mit ihrem Körper an seinen presste. Ein Lächeln formte sich um seine Lippen und er fühlte überraschend Wärme in seinem Körper aufsteigen. Kurz darauf verfiel er in einen fantasievollen Schlaf, der ihn Schmerz und Sorgen vergessen ließen.
Morwen hatte wenig Interesse gänzlich dem Schlaf zu verfallen. Sie dachte an das überwältigende Gefühl, dass sie mitten in der Nacht weckte und sie wie in einem Fiebertraum fortlockte. An das bösartig anmutende Feuerritual und das Gefühl, fern von ihrem Heim, aber doch nicht verloren zu sein. Fast als hätte sie jemand gerufen hier zu her zu kommen. In diesen Wald. Sie war sich unsicher was genau passieren würde. Noch nie hatte sie den weiten Teil des Waldes um ihre Hütte verlassen. Vereinzelt besuchte sie das Dorf Loa in ihrer Nähe, um den Bewohnern mit Krankheiten und Verletzungen zu helfen, oder sich Kräuter aus ferneren Gebieten zu besorgen, wenn mal ein Händler durchs Dorfe kam, doch immer hatte sie klar gewusst, wo sie gerade war. Nun könnte sie nicht einmal sagen in welcher Richtung ihre Hütte liegt. Die Erinnerungen wurden schwammig in ihrem Geist. Es fühlte sich an, als sei eine Ewigkeit vergangen, seit sie die Hütte verlassen hatte. Aber nichts zog sie zurück. Es war viel mehr eine Macht, welche sie nach vorne stieß. Weiter den Fluss entlang. Weiter ins Dorf und dann noch immer weiter.
Langsam verfiel Morwen in eine Trance. Es fühlte sich an, als würde sie als Beobachter neben ihrem Körper stehen, während er ruhte. Ihr Geist lief um sie herum und horchte aufmerksam, nach verdächtigen Bewegungen in der Dunkelheit, die sie umhüllte. So wachte sie über das kleine Paar, inmitten des grünen Meer der Natur, bis die Sonne ihre Haut kitzelte und sie zum Aufwachen bewegte.

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