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Ein Fliegender Wal. Scheiße.

Ein Fliegender Wal. Scheiße. · Romane

Schonmal Steppenwolf gelesen? Das Buch wird so ähnlich, nur nicht ganz so emo und mit mehr grotesken bzw fantasievollen Traumszenen.

Was möchtest du mit dem Buch bewirken?

Ein bisschen humanistische Bildung, ein bisschen bizarre Unterhaltung. Der Protagonist ist der selbsternannte letzte Universalgelehrte der Erde. Aus Gründen verliert dieser gerade den Verstand. Da die Außenwelt der Zukunft jedoch ebenfalls bizarre Formen angenommen hat, ist es gar nicht leicht zu unterscheiden, ob das Erzählte denn jetzt Hirngespenst oder Wirklichkeit ist. Der Protagonist hat jedenfall längst den Überblick verloren. Da er sich zusätzlich für ach so gebildet hält, lässt er ständig irgendwelche Anspielungen aus dem Bildungsmilieu fallen. Er hat es jedoch selten wirklich nötig diese zu erläutern. Das soll dann durch Fußnoten in Form von Mini-Referaten passieren. Dadurch entstehen kleine interessante Abstecher in diverse Themenfelder -- von der Reformation bis zu mongolischen Saiteninstrumenten ist alles dabei. Falls es gelingt, die Fußnoten nicht zu lexikonartig (sondern eher humoristisch, aber nicht unpräzise) zu gestalten, könnte das ein ganz cooooooooles Buch werden. Außerdem sieht sich der Protagonist als der einzige, der heutzutage (im Jahr 2222) noch die Grundproblematik von Nietzsche (Leben ohne Gott/Sinn) bzw Luther (Gesellschaft ohne Kirche) lösen kann. Er betrachtet dies als seine Aufgabe/Quest und davon handelt das Buch dann auch.

Über den/die Autor:in

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Digitaler Künstler und eine Abart Poet. Ich mag es grotesk und exzessiv aber manchmal auch einfach wie es kommt.

Es schlummert in mir. Die Erfahrungen von 1000 Seelen. Ich habe Kabbala gelesen, die Schriften des Christentums, Wittgenstein und den Koran. Ich weiß nicht, wie man diese Schriften verinnerlichen kann, ohne dass sie ihre Spuren hinterlassen. So viele Erfahrungen und Gedanken. Viel zu viele Menschenleben flossen in diese Texte. Hitler hat nicht für die Unendlichkeit geschrieben, das merkt man. Er hat ein Bedürfnis herausgeschrien. Spuckerei.

 

Warum ich diese alten Texte liebe?

Der gute Stoff wird gefaltet und gehämmert. Wahres Schrifttum ist kein Gekritzel, sondern Schmiedekunst. Wissen wird gesammelt über Generationen und der Mist wird aussortiert. Destillierter Geist ist das. Das Vergessen von allem weltlichen Schmutz. Nur leider reichen diese Texte allein nun nicht. Wenn du nur liest, was bessere Männer verzapft haben, dann nimmst du nur die Spuren der Lebendigkeit in dir auf. Deine Seele wird zu einer Sammlung von Abdrücken von Abdrücken. Nichts in dir ist mehr aus dem Leben gewachsen. Und sobald dir diese staubigen Seiten voll alter Zeit das Heiligste sind -- dann bist du ein Leichenanbeter. Du musst den Schatz der Menschheit verinnerlichen und ihn danach erinnern, dass er einst aus dem Leben kam. Die Erfahrungen aus dem Bericht der Zeitalter müssen neu erlebt werden. Das ist das Privileg und die Enttäuschung der heutigen Zeit. Damals konnte man die Dinge frisch erdenken. Heute hocken wir, wenn man ehrlich ist, auf diesem Schatz wie auf einem Misthaufen. Wir? Das heißt: Ich. Heute liest ja keiner mehr. Keinen kümmert es, dass es diese Portale in längst vergangene Zeiten gibt. Dass Sie die einzige Möglichkeit sind, verstorbene Seelen so gewaltiger Geister wiederzuerwecken und Teil des eigenen Selbst werden zu lassen. Ich lese wirklich gerne.

 

Es ist das Jahr 2222. Ich bin Deutscher und eigentlich ziemlich orientierungslos. Aber ich bin verdammt nochmal der letzte verfickte Gelehrte.

 

[...]


 

Ich laufe nicht mehr zur Arbeit. In Zeiten wie diesen gibt es nur den Wasserweg. Wasser, das kälter ist als Eis. Bei der Arbeit angekommen gehe ich meiner Aufgabe nach: Die Leute treten in den Container ein, müssen einen Zettel ausfüllen, ich stecke ihnen einen kleinen Gummikorken in die Nase und gebe ihnen einen Kuss auf die Stirn. Danach muss ich ihnen einen schönen Tag wünschen und sie gehen wieder hinaus.

 

Als der Job damals frisch war gab es von meiner Seite aus noch so etwas wie Motivation. Ich wollte es den Menschen so wenig unangenehm wie möglich machen und mit meinem kleinen Beitrag die Gesellschaft ein klitze-bisschen verbessern. Ich weiß nicht warum, aber ich empfand Stolz dabei, meine Pflicht zu erfüllen. Vielleicht ein letzter Rest Preuße in mir. Doch das ist lange her. Es hat sich nichts an meinem Verhalten geändert, bin noch immer sehr professionell. Ich spüre nur, dass kein Herz mehr in der Sache steckt. Wie viele Stirnküsser gibt es da draußen? Welcher von denen ist der Beste? Und sind die auch alle so verdammt überqualifiziert?

 

“Was bringt dieser Job überhaupt?” Denke ich mir, als mein Goblin mich aus der Träumerei rüttelt: “Nicht wegdösen! Ansonsten verpasst du diese ganze herrliche Monotonie und Langeweile.” Ich versuche ihn nicht zu beachten, doch hat er erreicht, was er wollte. Ich bin wieder in der Gegenwart. Und mir ist qualvoll bewusst, wie langsam die Zeit vergeht. Am Anfang der Beschäftigung verging die Zeit wie im Flug. Viele der kleinen Handlungsabschnitte des Arbeitsvorgangs waren noch neu und frisch. Man erlaubte sich spontane, delikate Kunstgriffe. Arbeit war keine Arbeit, sondern das Kind von Entdeckungen und netten, lebhaften Kleinigkeiten. Bei der Tätigkeit konnte ich gar nicht anders, als meinen Quälgeist zu ignorieren. Heute gibt es im Job keine unentdeckten Geheimnisse mehr und selbst die kleinen Dopaminschübe der gelegentlichen Erheiterungen sind zur Routine geworden. Ich will mich hier nicht beschweren und auch nicht die Stimmung vermiesen. Ich meine es ernst, das ist kein Gejaule. Ehrlich! Mit der Zeit lernte ich nämlich einen Trick, um Langeweile unschädlich zu machen: Früher glaubten einige Theologen, dass die ganze Welt jede Sekunde, jeden Augenblick von Gott gedacht würde — was immer Gott gerade in den Kopf kommt, das ist in diesem Zeitpunkt auch Wirklichkeit. Göttliche Saat. Für einen modernen Skeptiker tatsächlich (rein argumentativ) nicht leicht zu widerlegen, weil dieser Gott ja quasi außerhalb von allem liegt. Da ist nichts mit empirischen Daten sammeln. Das Konzept steht und fällt mit der Vorannahme eines Gottes, der eine Welt erdenken kann. Doch der gesunde Aufklärer von heute würde vielleicht sagen, dass es keinen guten Grund gibt, gerade so eine märchenhafte Gestalt, einen träumenden Riesen an den Anfang einer kosmologischen Theorie zu setzen. Es hat etwas Kindisches. Das mag auch stimmen. Für mich bringt die Vorstellung jedoch etwas ganz Nützliches auf — unabhängig davon, ob es eine gute Theorie ist: Was ist denn das Zauberhafte an dieser Theorie des Weltgedanken? Alles ist im Kopf von einem einzigen großen Mann. Toll. Krasse Sache, oder? Klar, aber da ist noch mehr: Die ganze Welt basiert in dieser Vorstellung auf Bewusstsein. Und irgendwie ist das auch wirklich so. Also nicht die materielle Welt, in der Wissenschaft passiert und Straßenbahnfahrpläne gemacht werden. Nicht die Welt der Objektivität. Sondern halt die Welt aus der Ich-Perspektive. Aus der Subjektiven, also wie ich als Gehirn die Welt für mich erfahre. Alles was ich erlebe, die ganze Welt, ist für mich aus Bewusstsein gebaut (Fußnote: Phänomenologie). Und das hat etwas Wundersames. Wenn ich mich darauf konzentriere, dass dieses Weltbewusstsein um mich herum nicht ganz klar zwischen mir und dem ganzen restlichen Kosmos unterscheiden lässt, kann ich getrost jede Langeweile ertragen. Die Welt ist dann einfach ein einziges großes Wunder (Fußnote: zugeben, dass die Meditationsmethode von Alan Watts kommt).

 

So war es zu Anfang der Langeweile. Aber Routine ist ein Profikiller. Selbst die Mirakel-Gottnatur des Zusammenspiels von Subjekt und Objekt kann banal werden. Irgendwann hatte ich mich tatsächlich sogar ans Wunder gewöhnt.

Ich wollte allerdings nicht die Stimmung vermiesen. Es ist immer noch viel besser als Langeweile. Die Sache hat nur nicht mehr diesen Kick von damals. Es ist schwierig zu beschreiben, aber irgendwie wird aus jedem Problem, jedem Kopfschmerz oder eben der alten Langeweile ein großes „So-ist-es“ (Fußnote: Amen). Und „So-ist-es“ tut nicht weh. Ich bemerke den Schmerz, aber er tritt jetzt in vollkommen neuen Gewässern auf. In einer Flüssigkeit, in der er gar nicht mehr gemein sein kann. Sondern eben nur noch er selbst ist — in meinem Bewusstsein — als Teil von mir.

„Toll beschrieben. Jetzt versteht es erst recht keiner!“ Meinen Goblin scheint es zu amüsieren.

 

[...]


 

Ich vergaß sehr schnell mein ganzes Leben und fing an zu träumen. Gewaltige Weite. Grasland. Horizont war mehr angedeutetes Angebot als geographische Realität. In der Ferne grasten ein paar Zebras, doch sie wussten um ihre dekorative Rolle. Es fiel ihnen nicht ein, weiter aufzufallen. Kein Reinfall dieser Traum. Zufällig wurde ich mir meiner selbst bewusst. Ich war in statischer Position etwa 200 Meter in der Luft festgemacht.

 

Von dieser Höhe aus hatte ich keine Probleme diesen Flachkolloss einer Landschaft zu überblicken.

 

Von dieser Höhe aus hatte ich gewaltige Höhenangst. Was mich in der Luft hielt, steckte in meinem Bauch. Mein Goblin war nicht da. Er (falls er jemals wirklich dort gewesen war -- im Traum ist so etwas schwierig zu wissen) hatte an seiner Stelle nichts als Stille hinterlassen. Eigentlich ein schöner Wechsel. Eigentlich. Doch diese Stille war nicht einfach nur Stille. Sie hatte so etwas wie räumliche Ausdehnung. Sie drücke nach außen, drückte in meinen Magen rein. Sie wirkte wie negative Gravitation und leicht-latentes Schwindelgefühl. Ich war weniger als gewichtlos, spürte peinlich genau meine hervortretenden Beckenknochen. Die Stille war ein mit Helium gefüllter, unsichtbarer Luftballon. Seine Kälte war nicht kalt… er hatte keine Temperatur.

 

Es brachte nichts, mir selbst Panik zu machen. Ich versuchte mich auf die Landschaft zu konzentrieren.

 

„Schade.“ Sagte ich zu mir in dieser Verschwommenheit von Gedanken und gesprochener Sprache, die gemeinhin im Traumreich zur Kommunikation dient. „Bei dieser Landschaft würde eigentlich so ne mongolische Streicher-Dings (Fußnote: Morin Khuur) Musik gut passen.“ „Das haben die Mistkerle auf 4chan für geil erklärt. Deshalb ist das ab jetzt niveaulos.“ Ich imitierte für mich die Stimme meines Goblins — anscheinend vermisste ich ihn. „Stimmt. Dann eben nicht. — allerdings bin ich auch niveaulos. Dann passt es wieder…. Hmm ach! Jetzt ist mir trotzdem die Lust daran vergangen. Dann halt nicht.“ In dem Moment fing von überall und nirgends eine vergessene Kind-Schwester an, ganz sanft eine wirklich reizende Melodie zu pfeifen. Zum Glück. Das war nämlich viel besser.

 

Nach einer erfüllenden Ewigkeit aus Silberglas. Der Titan erschien. Er bewohnte diese Steppe. Er passte hier viel besser hinein als ich. Wie ein besserer Engel war er. Makellos und so viel reifer als herkömmliche Darstellungen dieser celestialen Wesen. Seine 300, 400 Meter ragten in der Ferne noch weit über mich. Trotzdem hatte ich das Gefühl durch meine Position wenigstens eine Augenhöhe erahnen zu können.

 

Ich wollte in diesem Schicksalsmoment nicht amateurhaft wirken: „So, treffen wir uns endlich.“ [...]

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