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Carnival of Madness - Herr Schicksal und Gevatter Tod

Carnival of Madness - Herr Schicksal und Gevatter Tod · Sci-fi und Fantasy

Zu Feinden erzogen wählen zwei Jungen Freundschaft. Doch als ihre Magie missbraucht wird, wandelt sich eine Welt der Schatten zur Zuflucht.

Was möchtest du mit dem Buch bewirken?

Ich liebe es zu dichten und zu schreiben, zu zeichnen sowie Welten zu bauen. Als Kind blieb mir nicht viel übrig, wenn ich im Krankenhaus lag. Meine Gedanken gingen auf Reisen. Und irgendwann schrieb ich sie auf. Das ist wohl bis heute hängen geblieben und zur Leidenschaft mutiert. Was ich mit diesem Buch bewirken möchte - für mich selbst sind viele Erinnerungen in dieser Geschichte verwoben. Aber ich hoffe auch, die Leserschaft zum Lachen bringen zu können und ihnen Horror und Grusel in verführerisch eingewickelten Bonbonpapier zu präsentieren. Denn Geschichten sind geschrieben, um gelesen zu werden.

Über den/die Autor:in

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Ludwig Karrell, geboren irgendwo in Deutschland. Recht früh entdeckte der Hundenarr und Hobbyzeichner seine Leidenschaft fürʼs Schreiben. Den Stift aufʼs Papier gesetzt, krakelte er als kleiner Junge ...

Kapitel I. ¦ Bäume sind wie Träume

Da war ein kleiner Mann, der dort im Dunkel stand, das ihn umwand … atmete. Beide beobachteten Desmond – sowohl die Dunkelheit als auch der seltsame Kerl. Der Junge musterte den Unbekannten. Das Schwarz seines Anzugs wanderte um den Stoff, als bestünde es aus hundert Schlangen. Weißes Haar umrahmte ein rundliches Gesicht, auf dem sich kein Lächeln fand. Die Gläser seiner Brille trugen die Reflexion zweier Vollmonde in sich. Der alte Mann und Desmond starrten einander an. Unter dem Blick, der sich durch die Augäpfel des Jungen in sein Gehirn zu bohren schien, schlug Desmonds Herz schneller. Allerdings pochte es außerhalb seines Brustkorbs. Er hörte das Trommeln, aber Nichts regte sich in seiner Brust. Ein seltsamer Gedanke, Desmond hingegen dachte: „Es wurde mir gestohlen.

Er besaß die Gewissheit, jene Klarheit, die in Träumen vorherrschte, dass ihm dieses Organ, das den Sitz der Liebe symbolisierte, entwendet worden war. Doch wollte er sich nicht weiter mit dem glotzenden Fremden beschäftigen und so sah sich Desmond um, suchte nach den beiden Monden, die sich im Brillenglas spiegelten.

Schatten klebten in den Ecken, schlichen sich an den Fliesen hinunter, zähflüssig wie Teer und rannen zur gleichen Zeit als schwarzer Sand zur Decke hinauf.

„Ein lebendiges Wesen“, sauste es durch den Verstand des Jungen und sein Augenmerk glitt über die Waschbecken, die der Schattenschleim besetzte. Die Finsternis drückte sich gegen das Porzellan, verbog die Wasserhähne, die unter einem letzten Kreischen rosteten und zerbarsten. Überall kroch das Dunkel entlang, keine Monde ließen sich blicken, Fliesen lösten sich auf. Die Schwärze atmete. Im Takt von Desmonds Herzschlag. Die Vibration des Raumes durchdrang ihn, brachte seine Muskeln zum Schwingen.

Mein Herz lässt die Dunkelheit leben…“ Der Gedanke pflanzte sich in seinen Kopf und die Schattenwand neben dem kleinen Mann öffnete sich - wie eine Herzklappe schnellten die Schattenfäden zurück. Ein Lächeln zeigte die Zähne des stummen Beobachters.

Angst prickelte auf Desmonds Haut, aber sein Herz, das über einem Sockel schwebte, pulsierte unbeirrt von jener Emotion. Schatten tropften auf die Gummistiefel des kleinen Mannes. Desmond schritt auf sein Herz zu – das Gummi seiner Stiefel knarzte. Als seine Sohle auf dem Boden aufkam, waberte der Raum, als wäre er ein Spinnennetz - und Desmond die Fliege darin. Er blickte nach unten. Ein See aus Tränen schimmerte vor ihm. Doch hatte der Junge kein Spiegelbild. Er sah zu dem kleinen Mann, der keine Anstalten machte, sich zu rühren. Er lächelte nur. Im Schattendunkel, dort wo sein Herzschlag thronte, vertrieb Licht die Düsternis. Eine graue Wüste aus Schutt und Asche wuchs in der Dämmerung. Ruinen von Hochhäusern türmten sich als Berge auf. Und in dieser Einöde, die ein Himmel gebrochen von Feuer überspannte, sah Desmond sich selbst.

Eine Explosion zerriss Desmonds Gedankenschleier, das Adrenalin ließ ihn hochschrecken. Der Gestank von faulen Eiern stach ihm in die Nase.

John hatte ihm gerade etwas sagen wollen, doch krachte sein Unterkiefer schleunigst wieder auf seine Zähne. Der Gestank ballte sich zu einer Mauer, Hustenreiz drückte sich gegen Desmonds Brust. Rasch schirmte er den Weberknecht ab, der sich auf seinem Handrücken tummelte - und hustete sich die Lunge aus dem Körper. Nur noch mehr von dem widerlichen Stank verirrte sich in seine Nase. Seine Sinne. Auf seine Zunge. Aus dem Augenwinkel beobachtete er John, während er nach Luft japste. Rot flammte auf Johns Wangen, sein Körper spannte sich, das Leder seiner Jacke knisterte. Eine erneute Pupsschwadron erschütterte die Wände der Jungentoilette. Johns Kopf schnellte mit der Präzision eines Geiers auf die Kabine zu, hinter der das Furzorchester tönte. Zu den faulen Eiern gesellte sich der Mief von Fisch.

„Verdammt nochmal! Alter, was hast du gegessen?!“, fauchte John und vergrub seine Nase im Ärmel seiner Lederjacke.

„Fresse, Arschloch!“, scholl es hinter der maroden Holztür.

Desmond hörte auf zu atmen, das Gasgemisch brannte in seinem Rachen und schien sich durch seine Schleimhäute zu ätzen. Mit einem Ausdruck der Verzweiflung linste er zum Fenster, das rechts in unerreichbarer Höhe im weißen Putz eingelassen war. Den Wink verstehend rannte John zur Wand, missbrauchte den Mülleimer als Leiter. Auf den Zehenspitzen balancierend riss er das Fenster auf, Frischluft jagte durch den Raum.

John nickte zufrieden und hüpfte vom Deckel des Eimers, da donnerten weitere Fürze ins Klo. John klopfte Desmond auf die Schulter, den Kopf eingezogen.

„Wir sollten uns verziehen – sonst gehen wir bei den giftigen Dämpfen noch drauf.“ John marschierte auf die Tür zu.

„Und du“, den Zeigefinger erhoben wandte er sich zu dem Jungen auf der Toilette, „spülʼ gefälligst!“ Die Nase gerümpft trat er die Tür auf und sprang über die Schwelle, die das sanitäre Giftgaslager vom Schulgelände trennte. Desmond huschte John hinterher und ließ die Tür ins Schloss fallen, den Weberknecht an seine Brust gebettet. Ein Erdbeben erschütterte das Holz, erklang im Stein und rumpelte in Desmonds Magen. Er nahm die Hand vom Türknauf, blickte mit gewölbten Brauen über die Schulter.

„Die Type sollte dringend zu Doktor Peggy“, quittierte John mit ähnlichem Gesichtsausdruck.

Desmond schwindelte - die angestaute Atemluft machte sich bemerkbar, hoppelte als Häschen in seiner Lunge umher. Er weigerte sich, zu atmen. Seinen kleinen Spinnenfreund im Blick entfernte er sich von der Tür.

Das Lungenhäschen hopste mit jedem Schritt heftiger umher, während in Desmonds Kopf die Worte „Frische Luft! Frische Luft! Frische Luft!“ kreisten. Eine Windbö blies ihm ins Gesicht und er atmete aus.

Dampf floh aus seinem Mund, hoppelte auf Hasenpfötchen durch die Luft, das Puschelschwänzchen erhoben.

Ist ja tatsächlich ein Hase“, dachte Desmond und blickte dem Nebelhäschen nach. Wind heulte auf, spielte den Wolf, der das Häschen zerfleischte. Desmond beobachtete die Fellreste, die zum Himmel aufstiegen, bedauerte den Tod.

„Du starrst heute aber ziemlich oft Löcher in die Luft.“

Ohne sich zu John umzudrehen erwiderte Desmond: „Ich hatte einen Traum von dem, was sein könnte.“

„Ein Traum von dem, was sein könnte?“ Johns Stimme dehnte sich mit zig Fragezeichen am Ende. Das Klicken eines Feuerzeugs schnitt durch die Pause. „Was genau meinst du damit?“

Desmond zupfte an der Kapuze seines Kapuzenpullis. Sein Herz hüpfte gegen seine Rippen.

Träume sind Bäume – zu viele und du kannst den Wald nicht mehr sehen. Dieser Spruch war so etwas wie Johns Leitmotiv, neben solchen Weisheiten wie „Lebe im Hier und Jetzt! Denke nicht an morgen – und vor allem nicht daran, was du gestern fürʼn Mist gebaut hast…“ oder „Es ist egal, ob das Glas halb leer oder halb voll ist – nimm dir den letzten Schluck!“

„Ach, es ist nichts.“ Scham glühte auf Desmonds Wangen. Er verfolgte die tänzelnden Bewegungen des Weberknechtes auf seiner Handfläche. Ein Lächeln spannte die Brandnarben. Manchmal glaubte er, das Feuer lauerte unter den Narbenwülsten, schwelte auf seinen Muskeln.

Er atmete aus und ging in die Hocke, die Kniescheibe schien sich durch seine Haut zu bohren. Gewitter brauten sich in seinem Kopf zusammen. Es tat weh. Vorsichtig legte er die Rechte auf den Pflasterstein. In aller Ruhe stolzierte der Weberknecht über die Finger. Die dünnen Beinchen kitzelten Desmond.

„Machʼs gut, mein Freund“, flüsterte er dem Arachnid zu, der gemessen Schrittes in Richtung Freiheit davonzog.

Desmond drehte sich zu John um, der eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt hatte.

Die Entrüstung darüber, wie sein Freund mit seiner Gesundheit umging, brodelte in Desmond, jedoch entkam lediglich ein Fiepen, das klang wie „Rauchen ist ungesund…“

Die Glut fraß sich durch den Tabak. John atmete tief ein, lächelte. Er wandte den Kopf nach rechts, blies den Qualm im dünnen Strich aus seinem Rachen. Wolken türmten sich auf. Aus dem grauen Schleier formten sich Knochen, über die seichter Nebel Haut ausspannte. Flügel entfalteten sich, Stacheln sprossen aus dem Rückgrat. Wirbel für Wirbel formte sich, mündete in einem Schweif, dessen Flugsegel sich im Wind ausfächerte. Ein Drache reckte sich aus dem Zigarettenrauch, zog weite Kreise. Durch leichtes Tippen löste John die glühende Asche vom Zigarettenstummel und grinste. „Das Qualmen ist meine Altersvorsorge – beiße ich früh ins Gras, muss ich nicht um Rente betteln.“

Der abgebrannte Tabak verharrte in der Schwebe. Der Drache kreuzte seinen Weg und die Funken verschmolzen mit ihm, schenkten dem Schuppentier sein Feuer. Mit seinen Flügeln glitt er auf der Luftströmung, die Glut pulsierte in der Drachenbrust, glomm in seinen Augen. Desmond verfolgte das Schauspiel mit Neugier.

„Also, erzähl schon von deinem Traum. Klang so, als hättest du die Zukunft gesehen. Jetzt bin ich neugierig, Des.“ John schnippte den Stummel zu seinen Füßen, wo er unter dem dicksohligen Profil von Lederstiefel zertreten wurde.

Der Drache eilte auf Desmond zu, die Flammen in seinem Innern brannten sich durch seine Nebelhaut. Das Fabeltier starb im Funkenregen, der sich in Blumen auflöste. Blumenkopf um Blumenkopf schälte sich aus den Rauchschwaden und zerplatzte in einem Blütenmeer, das Desmond ins Gesicht hauchte. Eine Blüte segelte ungeniert auf seine Nasenspitze und kitzelte ihn. Er schielte zu dem rosanen Ding.

„Ah! Kirschblüten.“ Er klaubte es von seiner Nase. Es war weich und zart. „Transformation oder Illusion?“

„Du lenkst vom Thema ab, Des!“ Die Kirschblüten welkten auf Johns Protest,

Desmond beobachtete die farblosen Überreste, die mit dem Grau des Bodens verschmolzen.

„Ich habe – also da war ein Mann. Nein. Ein Dämon. Dort auf der Toilette.“

Desmond starrte auf die welken Blütenblätter, die der Abendwind vor sich hertrieb.

John malmte mit seinen Zähnen, holte eine Zigarette hinter seinem Ohr hervor.

„Was für eine Art von Dämon denn?“, fragte er mit einem Funkeln in seinen goldbraunen Augen.

„Er gab sich menschlich. Ein kleiner ältlicher Herr – aber an ihm war nichts Menschliches.“ Desmond zog sich der Magen zusammen, als er an das ständige Glotzen dachte und die beiden Monde.

Warum konnte ich seine Augen nicht sehen?

John seufzte nur. Unter seinem Atem bildete sich eine gewaltige Rauchkugel in der Luft.

„Menschlichkeit wird überbewertet, Des.“ Ein Lächeln zog sich über Johns Gesicht, eine Grimmigkeit verengte seinen Blick.

Er schmauchte an der Zigarette, schloss die Augen und spitzte die Lippen. Ein kleiner Rauchball stahl sich aus seinem Mund, berührte den großen Bruder. Ganz sanft an der Oberfläche. Der Rauchmond erschauderte und zerfiel unter der Erschütterung.

„Ich würdʼ mir nicht zu viele Gedanken machen.“ Johns Lächeln entspannte sich.

Desmond beobachtete die Rauchperle, das Licht der Abendsonne brachte das Wirbeln in ihr zum Glühen.

„Wir sollten gehen. Madame Prosperity wird sonst wieder wütend.“ Er linste dabei zu John. Der zog nur einen Flunsch und winkte ab. „Ah, was kümmertʼs mich, was die alte Blutsaugerin denkt?“

Wind kam auf, drückte gegen Desmonds Rücken, pustete Johns Zigarette aus. Er nahm den Glimmstängel zwischen die Finger, begutachtete ihn. Plötzlich riss John den Kopf nach oben. Desmond folgte seinem Blick. Eine Fledermaus kreuzte den Himmel. Der Horizont schluckte die Sonne, Dunkelheit legte sich über den Vorhof aus. Kälte umschmeichelte Desmonds Wangen und schlich sich zugleich mit aller Unbarmherzigkeit durch die Maschen seines Kapuzenpullovers. John tätschelte ihn auf die Schulter. „Hast recht. Wir sollten gehen.“

Als Johns Berührung verschwand, machte sich die Abendkälte auf Desmond breit.

Sie marschierten auf das große alte Tor zu, dessen Löwenköpfe auf die Südmauer starrten.

„Warum nennst du Madame Prosperity eigentlich Blutsaugerin?“ Desmonds Stimme hallte von den steinernen Mauern wider.

John zischte und vergrub die Hände in den Hosentaschen.

„Wenn die kein Vampir isʼ…!“

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