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Feilkode 418

Die Mitbewohnerin

Die Mitbewohnerin · Romane

Ein kurzer Augenblick, ein Wimpernschlag und am Ende steht das Leben von drei Menschen für immer Kopf.

Hva vil du med boka?

Ich möchte zeigen, dass nichts im Leben dem klassischen schwarz-weiß Muster folgt. Ein Mensch ist weder schlichtweg gut noch böse. Was kann passieren, wenn Gefühle zu einer Obsession werden? Was macht es mit den Betroffenen? Ich möchte mit der Geschichte sowohl zum Nachdenken, als auch zum Mitfühlen anregen. Ein Bewusstsein dafür schaffen, dass eine Verliebtheit oder Schwärmerei auch aus dem Ruder laufen kann, manchmal mit fatalen Folgen.

Om forfatteren

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36 Jahre alt, Bremerin, Mama, Ehefrau, Freundin, Schwester, Tochter - Kreativ, Spontan, Unternehmungslustig, Schreibwütig. Mir würden noch viele weitere Schlagworte einfallen, die mich annähernd besch...

Die Mitbewohnerin

Heute

Es war ein ganz normaler Dienstagabend. Meine Romanheldin bekam ihren ersten, langersehnten Kuss und ich schwelgte im Sekundenglück. Bis ich ihn sah: Groß, breite gestraffte Schultern, ein leicht amüsiertes Lächeln auf den Lippen. Die Hände lässig in den Taschen seines Parkas verborgen, nahm er mit federleichten Schritten zwei Stufen auf einmal. Vergessen war mein Roman, das Sekundenglück machte seinen Namen alle Ehre und verflüchtigte sich. Ob ich bewusst aufstand um ihm zu folgen? Bestimmt, die Erinnerungen fehlen mir bis heute. Die Details verschwimmen sobald ich nach ihnen greifen möchte. Nur eines ist sicher, ich habe nicht gewollt, was am Ende der Geschichte geschah. Bereute ich meine Entscheidungen? Ja, nein, vielleicht, um ehrlich zu sein, ich würde wieder so handeln. Das mag in Anbetracht der Umstände grausam erscheinen, aber ich behaupte, sie würden es genauso machen wie ich. Mit Sicherheit, bestimmt ohne jeden Zweifel. Ich möchte meine Geschichte erzählen, von Anfang an, damit jeder versteht, ich musste mir mein Glück zurück holen, koste es was es wolle!


 

 

Kapitel 1

Ella

Der Gang vor mir war eng, muffig und nur spärlich beleuchtet. Dicke Läufer waren ausgelegt worden, teils um die Geräusche der Besucher zu dämpfen, teils um alle mit Lungenproblemen sofort in die Kniee zu zwingen. Mit jedem meiner Schritte stob eine kleine Staubwolke auf. Und obwohl mein Körper in keinem Korsett steckte, wuchs die Enge in meiner Brust. Ich versuchte Luft zu holen, atmete tief ein, massierte meine Schläfen und versuchte das Rauschen in meinen Ohren zu ignorieren. Nutzlos, wie alles, wenn man versucht das Offensichtliche zu leugnen.  Ich hielt kurz inne, lauschte. Aber außer meinem Hauseigenen Körperorchester hörte ich nichts. Es herrschte absolute Stille. Probehalber hielt ich die Luft an, nicht der erste Fehler an diesem Abend. Augenblicklich begannen meine Augen zu brennen und ich konnte mit letzter Kraft ein Hustenanfall unterdrücken. Der Gedanke zu kollabieren und ohnmächtig auf den kotzgrünen Teppichen zu liegen entlockte mir ein hysterisches Glucksen. Die Vorstellung war schlichtweg zu grotesk. Eine junge Frau bedeckt von einer dicken Staubschicht, gekleidet in einem groben Baumwollrock, der sich farblich kaum vom Fußboden abhob. Wäre bestimmt eine tolle Gruselgeschichte oder wahrhaftige Lachnummer, je nachdem wer der Zuhörer war. Egal, ich merkte wie ich gedanklich abschweifte, ich wollte nicht weitergehen. Ich wollte mich einfach flach auf hinlegen, warten, bis der Knoten in meinen Magen schrumpfte. Die Angst genug davon hatte ihre Klauen in meine Eingeweide zu vergraben und die kleine Stimme in meinen Kopf endlich Ruhe gab. Aber es half nichts, ich musste wissen was hier gespielt wurde. Nervös presste ich meine zitternden Hände unter meine feuchten Achseln. Gab mir endlich einen Ruck, setzte einen Fuß vor den anderen. Ich sah bereits das hell erleuchtete Foyer vor mir. Die gemütlich gruppierten Ohrensessel, mein aufgeschlagener Liebesroman. Der nur darauf wartete von mir weitergelesen zu werden. Ich würde meine schweren Boots ausziehen, und mich mit angewinkelten Knien in das weiche Polster kuscheln. Die kalten Füße, fest unter meinen Po geklemmt und geduldig warten.

Warten bis Ben langsam die Treppe zu meiner Rechten herunter schritt. Mich entdeckte, lächelte und sich für einen Kuss zu mir herab beugte. Ja so würde es sein, ich merkte wie der Knoten sich in meiner Brust lockerte. Allein der Gedanke an Bens dunkle Augen, ließ mich erschauern. Es würde sich nichts ändern, soviel wusste ich. Die letzten Seiten würde ich genüsslich in die Länge ziehen, wohlwissend, dass er mich bei jedem gelesenen Wort genaustens beobachtete. Er wusste wie sehr ich diese Fantasiewelt liebte, brauchte. Unsere Hände würden ohne großes Suchen, ineinander greifen. Sein Daumen, meinen Handrücken streicheln. Am Ende zieht er mich empor, nimmt mich in die Arme und zusammen treten wir in die kühle Abendluft. Und mit jedem Schritt den wir uns von der alten Bücherei entfernten, würde meine Erinnerung an seine erhitzten Wangen verblassen. Ich sah die Szene so deutlich vor mir, dass ich für einen schwachen Moment lächelte.

Bevor mich ein Geräusch in die Wirklichkeit zurück riss. Es war kein großer Schrei der von den Wänden widerhallte. Nein der Laut war so unendlich leise, dass ich erst glaubte mich verhört zu haben. Da wiederholte er sich, zurückhaltend, schüchtern, aber eindeutig. Mir schnürte es endgültig die Luft ab. Die Laute drangen tief in mich ein, füllten mich komplett aus. Dies war kein anderer Besucher, mit schwimmenden Blick drückte ich mir die Fäuste auf die Ohren. Ich wollte es nicht hören, mein Gott, ich wusste was dieses Seufzen bedeutet. Klang ich nicht genauso wenn ich nur an ihn dachte? Es raubte mir schier den Verstand, dieses unmissverständliche animalische Verlangen aus dem Mund einer anderen Person zu hören. Mein Herz hämmerte wie verrückt, als ich mit meinen eigenen Augen sah, was meine Ohren unlängst hörten, mein Bauch instinktiv von ersten Augenblick an gefühlt hatte und mein Verstand sich bis zu dieser Minute weigerte zu akzeptieren. Die wenigen Meter, bis zum Ende des Ganges war ich förmlich gerannt, es machte nichts falls sie mich hörten. Es war ohnehin zu spät.

Nie im Leben war mir bewusst, wie weh es tat wenn ein Herz zersprang. Nie im Leben hätte ich vermutete, dass es mich eines Tages treffen könnte. Nicht mit ihm, mit diesen tollen Mann, den ich über alles liebte. Jetzt sah ich ihn, wie er seinen Kopf in den Nacken legte, die Augen genüsslich geschlossen. Seine großen starken Hände, mit den sehnigen Fingern hielten fest den runden Po einer Blondine umschlossen. Sie hatte ihr Gesicht in seine Halsbeuge vergraben und ihre langen blonden Haare ergossen sich wie ein Wasserfall über seine breite beharrte Brust. Ich sah wie sie ihre rot lackierten Nägel tief in seinen Bizeps grub und ihre sinnlichen Kurven sich seinem Tempo anpassten. Sie hatten einen gemeinsamen. Mit jedem seiner Stöße entfuhr ihr ein leidenschaftliches Stöhnen. Sein Atem ging schneller, steuerte mit der Unbekannten einen glorreichen Höhepunkt entgegen. Und ich stand da, angewurzelt. Unfähig mich zu bewegen, registrierte jede Bewegung, jede Berührung und Liebkosung. Sie hauchte seinen Namen, er küsste sie hart. Es war zu viel. Ich wollte, konnte das nicht ertragen. Wie sie ihn tiefer in sich aufnahm, sein Brustkorb sich schneller hob und senkte. Sie ihre Schenkel enger um ihn schloss. Und seine Fingerknöchel weiß wurden, als er sie heftiger packte. Das Ende kam rasch, er kam, sie folgt fast zeitgleich. Er zog sie an sich, küsste sie. Die Luft roch nach Schweiß und Lust, schlichtweg Sex. Mit Zutiefst befriedigt öffnete er seine Augen, sein noch verhangener Blick fiel auf mich. Wie ich, wie ein billiger Voyeur nur wenige Meter von ihm entfernt stand. Regungslos um Fassung ringend. „Scheiße Ben.“ Keuchte ich.

 

Im Bruchteil weniger Sekunden brach mein Leben auseinander und die schöne Welt die ich mir erschaffen hatte existierte nicht mehr. Ich sah wie ihm alle Gesichtszüge entglitten. Er schnappte überrascht nach Luft, die Blondine drehte sich erschrocken um, und ihre perfekten vollen Lippen formten ein „Oh“. Dann hickste sie auf und bedeckte ihre Brüste. Diese Geste war dermaßen albern, dass sie mich aus meiner Schockstarre riss. Endlich konnte ich mich bewegen, ich machte auf dem Absatz kehrt und rannte wie von Sinnen den Gang zurück. Ich flog förmlich die Stufen der langen gewundenen Holztreppe herunter und stürmte aus der altertümlichen Drehtür der Bücherei. Ich stürzte auf den Gehweg, stolperte und schlug der Länge nach hin. Es war schrecklich. Ich fühlte mich wie der letzte Dreck, ich zitterte und nahm kaum wahr wie die Leute um mich herum erschrocken stehen blieben. Gedämpft drangen aufgeregte Stimmen an mein Ohr. Ich ignorierte sie. Blind schlug ich die Hände weg, die mir entgegen gestreckt wurden. Ich fühlte mich gedemütigt und jede Geste der Zuwendung konnte ich nicht ertragen. Denn mir wurde gerade schmerzlich eine Sache bewusst. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich aufgefallen, ich wurde von meinen Mitmenschen gesehen. Und nicht nur das, sie hatten Mitleid mit mir. Und das war vermutlich das schlimmste Gefühl von allen. Ich war es gewöhnt unsichtbar zu sein, einfach nicht wahrgenommen zu werden. Und mit den Jahren hatte ich mich daran gewöhnt. Meine Schutzschilde waren hoch und ich ließ niemanden an mich heran. Bis auf Ben, hatte ich keine Ausnahme gemacht. Und ausgerechnet er, hatte mich ins Rampenlicht gezerrt. Mich schutzlos der Öffentlichkeit präsentiert. Und ich wusste nicht, was schlimmer war. Der Verrat an mir oder die schlichte Tatsache sichtbar zu sein. Langsam rappelte ich mich hoch. Ich setzte ein tapferes Lächeln auf, zumindest hielt ich meine Grimasse für eines. Und richtete mich auf. Ich wusste ich gab ein jämmerliches Bild ab. Aber ich hatte schon früh gelernt eine Maske zu tragen und jetzt brauchte ich sie mehr denn je. Die Leute merkten, dass ich keine Hilfe brauchte. Sie ließen mich in Ruhe und gingen ihrer Wege nach. Vermutlich froh, sich im Grunde nicht um mich kümmern zu müssen. Dennoch glücklich, dass sie eine Geschichte zum Abendbrot zum Besten geben konnten. Ohne mich noch einmal zu der alten Bücherei umzudrehen lief ich los. Auf dem Asphalt klebten kleine gelbe und orangefarbenen Blätter, sie sahen so aus wie ich mich fühlte: Benutzt. Mit einem Mal fühlte ich mich unendlich müde, mein gesamter Körper fühlte sich taub und falsch an. Ich spürte wie zittrig meine Beine waren und ungelenk einen Meter nach dem anderen zurück legten. In meinen Ohren rauschte es laut und meine Zähne bibberten unkontrolliert. Ich fluchte innerlich, über meine Naivität. Wie hatte ich mich in Ben nur täuschen können? Zugegeben es war nicht das erste Mal, dass ich von einem Menschen verletzt worden war, der mir Nahe stand. Aber Ben hatte mir das trügerische Gefühl gegeben endlich angenommen worden zu sein. Bei ihm fühlte ich mich wohl und verstanden. Er hatte mich trotz meiner Unscheinbarkeit gesehen und mir gezeigt was Liebe bedeutet. Zumindest dachte ich das, ich war vermutlich einfach zu naiv. Und bei dem Gedanken wurde mir schlecht. Ich wollte mir nicht ausmalen wie Ben sich jetzt mit der blonden Tussi über mich amüsierte. Vielleicht schoben sie genau in dieser Minute die nächste Nummer. Ich schniefte laut, noch verbat ich mir zu weinen. Ich bewahrte eine tapfere Fassade während in meinem Inneren ein Orkan tobte. Der mit jedem zurück gelegten Meter lauter wurde. Er rüttelte an mir und ließ mich innerlich schreien. „Du bist es nicht Wert Ella. Du kannst nicht geliebt werden. Keiner sieht dich.“ Ich fluchte leise, denn die Stimme klang wie die meines Vater. Laut unnachgiebig und gebieterisch. Dazu mischte sich die meiner Mutter, leise aber nicht weniger schmerzhaft. „Siehst du Ella, du hättest einfach umdrehen sollen. Aber du wolltest das Schicksal herausfordern. Du bist selber schuld.“ Wisperte sie gehässig. „Seid still, alle beide.“ Knurrte ich nicht gerade leise. Ein älteres Ehepaar das mir entgegen kam sah mich erst argwöhnisch an und beschleunigte dann seine Schritte. Ich war versucht ihnen hinterher zu brüllen, doch was hätte es gebracht? Sollten sie denken was sie wollten. Ich wusste ich bot das Bild einer Verrückten. Vermutlich standen meine Haare nach dem Sturz und den anhaltenden Nieselregen in alle erdenklichen Richtungen ab. Und ich merkte, dass meine graue Strumpfhose am rechten Knie zerrissen war. Meine Jacke hatte ich in der Eile in der Bücherei vergessen und die dünne Bluse klebte mir feucht am Körper. Zudem war meine Mascara nicht Wasserfest. Nein ich brauchte keinen Spiegel um zu begreifen warum die Leute mich misstrauisch anguckten. Ich versuchte noch einen Schritt schneller zu gehen. Mein Atem ging stoßweise als ich endlich bei dem kleinen trostlosen Mehrfamilienhaus ankam in dem ich wohnte. Das Haus war bei Weitem nichts Besonderes. Ein unscheinbares in die Jahre gekommenes Gebäude, lieblos gestrichen, mit Graffiti besprüht. In dem Grünstreifen der am Gehweg entlang verlief, lag wahllos verteilt Müll, von zerknüllten Taschentüchern bis aufgeschwemmten Tampons ließ sich alles finden. Die Gegend war armselig und gerade bei diesem Wetter schlichtweg trostlos. Leider verhielt es sich im Inneren nicht gerade besser. Das schäbige Treppenhaus roch Wahlweise nach angebrannter Kohlsuppe oder kaltem Zigarettenrauch, der als unermüdlicher Strom aus einigen Wohnungen zu wabern schien. Auf vier Etagen waren je zwei Wohnungen verteilt. Einen Fahrstuhl gab es nicht. Ich wohnte ganz oben rechts. Über mir führte nur noch eine klapprige Holzstiege auf den Dachboden hinauf. Und obwohl es nichts einladendes gab, war ich glücklich hier zu wohnen. Denn es war mein Zuhause. Drei Zimmer, jedes für sich genommen nicht größer als ein lausiger Schuhkarton. Ein winziges Badezimmer ohne Fenster, ein mickriger Balkon mit wackeligem Geländer und Betonboden. Aber es war mein Reich. Ich hatte mich damals sofort verliebt. Sehr zu Verwunderung des Maklers, denn ich war nach drei Schritten atemlos umgedreht und hatte gefragt wann ich einziehen könnte. Das war jetzt fast sechs Jahre her und ich bereute es nicht eine verdammte Sekunde lang.

Leise knarzte die Haustür, als ich den Schlüssel nach mehreren Versuchen im Schloss umdrehte. Mit zitternden Fingern war das gar nicht leicht und für einen kurzen Augenblick erwog ich ernsthaft mich auf meiner flauschigen Türmatte mit der Aufschrift „Home Sweet Home“ zusammen zu rollen. Ich würde dort liegen bleiben und warten bis mein Herz vor Kummer einging. Doch selbst in meinem Zustand konnte ich nur innerlich den Kopf schütteln. „Als wäre das eine Lösung!“ Schnaubte die vernünftige noch klar denkende Ella in mir. Natürlich schmerzte mein Herz wie es auf diese Art und Weise noch nie weh getan hatte. Und ja ich wollte mich am liebsten wie ein verwundetes Tier zurück ziehen. Aber das würde bei Ben bestimmt kein Mitleid erregen. Denn ich wusste, er mochte keine schwachen Frauen. Er hatte es zwar nie direkt geäußert, aber er war selbstbewusst und charismatisch. Und da passte kein jammerndes Häufchen Elend an seine Seite. Ich atmete mehrmals tief ein und aus, zittrig strömte die Luft aus meiner Lunge. Aber mit jedem Atemzug beruhigte sich mein Herzschlag. Ich hatte das hier unter Kontrolle. Dies war mein Zuhause und ich würde alle schlechten Gefühle aussperren. Entschlossen trat ich in meinen winzigen Flur, das helle Linoleum federte leicht unter meinen Füßen als ich meine nassen Stiefel von den Füßen zog. Den Mantel musste ich wohl morgen in der Bücherei abholen, zwar hatte ich mir vorgenommen, nie wieder diesen Ort zu besuchen. Aber es half nichts, es war der 01. November und ich hatte nur diesen einen. Seufzend ging ich ins Badezimmer. Vermied es jedoch, einen Blick in den Spiegel zu werfen, erst musste ich gänzlich meine Selbstbeherrschung zurück gewinnen. Die Strumpfhose, war hinüber. Achtlos warf ich sie Richtung Tür, meine Bluse, mein BH sowie meine Unterhose packte ich dagegen sorgfältig in die Wäschetonne. Dann öffnete ich mit noch klammen Fingern die Spange in meinen Haaren und ließ sie auf meine Schultern fallen. Ich stellte den Duschstrahl auf die stärkste Stufe und drehte das Wasser heiß auf. Es tat gut, als meine Haut förmlich verbrannte. Aber der Schmerz half mir im Hier und Jetzt zu bleiben. Ich griff nach meiner liebsten Seife und begann meinen Körper zu waschen. Ich schrubbte solange bis meine Finger schrumpelig waren und schmerzten. Ich wusch mir die Haare und wischte die Mascara Schlieren aus meinem Gesicht. Denn auch ohne eine geweinte Träne fühlte ich die schwarzen Streifen auf meinen Wangen und in den Augenwinkeln. Erst als der Boiler erschöpft war und nur noch kalte Tropfen meine Haut berührten hörte ich auf. Erschöpft und gleichzeitig belebt wie lange schon nicht mehr schlüpfte ich in meinen flauschigen Bademantel. Dann rubbelte ich mir die Haare so gut es ging trocken und band sie zu einem Handtuchturban auf den Kopf. Erst jetzt war ich bereit mir in die Augen zu blicken. Gut es war einfacher als gedacht, denn die Person die mir aus großen blassblauen Augen entgegen blickte, tja die war einfach ich. Nichts in meinem Gesicht deutete darauf hin, dass mein Herz gebrochen war. Weil mein Freund mich in aller Öffentlichkeit betrogen hatte. Ich schnaubt verächtlich. „Ella, kannst du wenigstens wütend gucken?“ Fuhr ich mein Spiegelbild an und knallte mit der flachen Hand an den Spiegel. Das Glas wackelte unter meiner heftigen Berührung und auch meine Finger schmerzten. Es half nichts, Bambi starrte mich weiterhin erschrocken aus wässrigen Augen an. Ich kniff mir energisch in die Wangen, um zumindest einen Hauch von Röte zu bekommen. Denn wütende Menschen bekamen doch rote Wangen? Zumindest war das bei meinem Vater immer der Fall gewesen. Er war im wahrsten Sinne des Wortes rot angelaufen, vom Hals bis zum Haaransatz. Sein Zorn hatte sich tief in jede Falte seines Gesichtes gelegt und seine Augen, genauso blass wie die meinen, hatten regelrecht Funken gesprüht. Warum schaffte ich das nicht? „Weil du ein Niemand bist, unsichtbar.“ Hörte ich wieder die zischende Stimme meiner Mutter. Ich hielt mir die Ohren zu und zählte laut bis zwanzig, es half. Die Stimme meiner Mutter verhallte. Erleichtert ging ich Richtung Küche, ich brauchte ganz dringend einen Kaffee.

Leider besaß ich keinen Rum im Haus, für den Alkohol sorgte normalerweise Ben. Ich trank kaum und ließ mich jedes Mal ihm zuliebe darauf ein. Doch gerade jetzt hätte ich einen guten Schuss gebrauchen können. Denn trotz der heißen Dusche erfüllte ich mich nach wie vor diese bleierne Leere. Die ich weder benennen noch vertreiben konnte. Einzig allein der würzige Kaffeegeruch, das leise Röcheln und Schnauben der Maschine half mir ein Funken Wärme zu empfinden. Früher hatte ich keinen Kaffee getrunken, in meinem Elternhaus gab es keinen. Aber seitdem ich hier wohnte, in meinem richtigen Zuhause konnte ich keinen Tag mehr ohne. Es war mein Lebenselixier, egal wie schlecht ein Tag zu werden drohte, mit dem heißen Gebräu schaffte ich die emotionalen Tiefs besser durch zu stehen.

Ich warf einen Blick zur Küchentür, dort hing meine alte Wanduhr und tickte beständig, ein Flohmarktfund. Und erschrak, halb acht. Waren tatsächlich bereits zwei Stunden vergangen seit ich Ben gesehen hatte? Wie hatte die Zeit es geschafft schnell zu vergehen und gleichzeitig in meinem Inneren stehen zu bleiben? Ich nippte an meiner Tasse und ließ die Wärme durch meine Kehle rinnen. Ich beobachtete den Sekundenzeiger, der unermüdlich seine Runden drehte. Als der Minutenzeiger auf der neun zum Halten kam, stellte ich meinen Kaffee ab und band die Schleife meines Bademantels fester um meinen Bauch. Das Küchenfenster einen Spalt breit geöffnet ließ ich die Stimmen der Nacht zu mir hereintragen, Motorenlärm, leise Gesprächsfetzen von Spaziergängern, das Bellen eines Hundes. Ich hoffte Schritte vor der Haustür zu vernehmen, Bens Stimme, wie er seine Entschuldigung einübte bevor er klingelte. Nichts. Dabei wusste ich das er kommen würde. Ich spürte er war auf dem Weg zu mir. Albern, mit Sicherheit, dennoch ließen meine Sinne sich nicht täuschen. Heute Abend beging er einen Fehler, den musste er wieder gut machen. Ich wusste dieser Mann war prinzipientreu und ehrbar. Seine Natur gestattete es ihm nicht, sich Sang- und Klanglos aus der Affäre zu ziehen. Natürlich könnte ich ihn anrufen, aber wozu? Damit er die Mailbox anspringen ließ und mich am Ende noch blockierte? Ich warf einen weiteren Blick auf meine Uhr, zehn vor Acht. Im Treppenhaus klirrte etwas, schwere Schritte ertönten. Ich rang nach Luft, bis mir einfiel. Er konnte es nicht sein, denn er hatte keinen Schlüssel. An diesem Punkt in unserer Beziehung waren wir noch nicht angekommen. Ben war ein Gentleman durch und durch, von sich aus, würde er nicht fragen. Und schon gar nicht unangemeldet vor meiner Tür auftauchen. In Ordnung, es gab eine Ausnahme, die zählte in meinen Augen jedoch nicht. Manchmal schmerzte es mich, nicht zu 100 Prozent Teil seines Lebens zu sein. Aber ich übte mich in Geduld, er würde seinen Weg zu mir ins Leben finden. Dessen war ich mir gewiss. Schließlich wusste ich nach unserem ersten aufeinandertreffen, Ben war der Mann meines Lebens. Der Vater meiner zukünftigen Kinder. Es war eine unumstößliche Tatsache, die er bald erkennen würde. Ich akzeptierte das Ben länger brauchen würde. Schließlich mussten die Männer auf ihr Glück gestoßen werden oder? Zumindest entnahm ich das den unzähligen Klatschmagazinen die ich jede Woche las, um meine Mitmenschen besser zu verstehen. Und dort stand, sie müssen den ersten Schritt machen. Sie müssen dem Mann zeigen, dass…. Und das hatte ich getan, ich hatte Ben dazu gebracht mich anzusprechen. Von da an, habe ich jeden weiteren Schritt sorgfältig geplant, ich wurde nach und nach ein fester Teil seines Lebens. Mein Plan war einfach gewesen. Ben bemerkte nicht, wie sich unsere Wege Stück für Stück fester miteinander verwoben. Heute Nachmittag war ein Schlag ins Gesicht gewesen, eine herbe Enttäuschung. Die ich nicht verstand. Ben hatte mein Vertrauen in ihn missbraucht, sollte ich mich wieder irren? 20:00 Uhr, mittlerweile kalter Kaffee.

Diese Nacht würde lang werden.

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