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Kreatives Marketing: „Dass jemand so rotzfrech ist, fanden die irgendwie cool“ – Interview mit Dany R. Wood, Teil 2

Zuletzt aktualisiert: vor 6 Monaten

Als Autor Dany R. Wood 2013 seinen Debütroman „Limetten retten in Sydney“ schrieb, machte er sich voller Tatendrang ans Marketing und schaffte es auf Anhieb, eine vierstellige Auflage zu verkaufen. In Teil 1 unseres Interviews hat er dem BoldBooks-Team bereits verraten, was es für ihn konkret heißt, als Selfpublisher nicht nur Autor, sondern auch Unternehmer mit einem klar kalkulierten Plan zu sein.

In Teil 2 erfahren wir nun, welche Rolle seine frech-kreative Herangehensweise für Danys Erfolg gespielt hat.

Lieber Dany, von deinem strategischen Denken als Unternehmer abgesehen setzt du auf Kreativität im Marketing. Viele Türen haben sich dir geöffnet, weil du mit einer gewissen Nonchalance sehr ungewöhnliche Wege gegangen bist …

Das stimmt. Ich habe oft Dinge ausprobiert, die vernünftig betrachtet ein paar Nummern zu groß gewesen wären. Aber Frechheit siegt. 

So habe ich zum Beispiel gleich am Anfang einen PR-Manager beauftragt, weil mir klar war, dass es sauschwer werden wird, zwischen 70.000 Neuerscheinungen pro Jahr hervorzustechen. Als ich diesen anfragte, sagte er mir: „Normalerweise mache ich sowas nicht für einzelne Autoren. Aber ich finde deine Geschichte gut, die kann ich vermarkten.“ Natürlich muss man bedenken, dass vor zehn Jahren Selfpublishing noch etwas recht Neues war. Aber durch ihn kamen viele Kontakte und Interesse an mir zustande und davon habe ich sehr profitieren können.

Dann war ich zum Beispiel bei der Vox-Sendung „Mieten, Kaufen, Wohnen“. Ich habe mich da beworben und gesagt: „Ich will aber auch mein Buch präsentieren!“ So wurde ich dann bei der Wohnungsbesichtigung gezeigt unter dem Aufhänger „Münchner Autor sucht eine Wohnung“ und konnte auch meinen Roman in die Kamera halten! 

Und schließlich war da natürlich noch die Sache mit der Frühstücksshow „Volle Kanne“. Ich hatte die Sendung geguckt und da war ein Autor zu Gast – allerdings ein sehr bekannter! Aber ich habe einfach in der Redaktion angerufen und gesagt: „Ich habe auch ein Buch geschrieben. Kann ich auch mal kommen?“ Und dann haben die doch tatsächlich Ja gesagt! Die Redakteure meinten, es sei nicht einfach gewesen, mich durch die Redaktionskonferenz durchzuboxen, weil es natürlich so viele Autoren gibt. Aber dass jemand so rotzfrech sei und einfach mal anruft, das fanden sie irgendwie cool. Wenig später saß ich in einem Fernsehstudio in Düsseldorf in der Livesendung.

Du gehst aber nicht nur bei der Werbung ungewöhnliche Wege, sondern auch in Sachen Marktforschung. Ob dein erstes Buch bei Leser:innen ankommt, hast du bei einer Bahnfahrt überprüft …

Ja, das war eine Aktion, die dazu führte, dass ich alles geändert habe! Und zwar bin ich mit dem Zug von München nach Frankfurt gefahren und habe die Gelegenheit genutzt, alle Leute, die im Zug gelesen haben, zu meinem Buch zu befragen. Allerdings habe ich mich nicht als Autor geoutet, sondern gesagt, ich arbeite für einen Verlag und wir würden eine Umfrage zu einem Buch durchführen, das demnächst rauskommt. 

Ich hatte jede Menge Kopien eines Fragebogens dabei und wollte wissen: Wie finden Sie das Cover? Wie finden Sie den Autorennamen? Wie finden Sie den Titel des Buches und den Klappentext? Außerdem: Würden Sie das Buch selbst kaufen und lesen oder würden Sie es alternativ kaufen und verschenken? Und wie viel wären Sie bereit, dafür auszugeben?

Über 30 Leute haben mitgemacht und es stellte sich heraus: Es war alles sch***! Cover, Autorenname, Buchtitel … alles unbrauchbar! Lediglich der Klappentext war der Umfrage zufolge ganz gut. Und ich habe das Feedback sehr ernst genommen und wirklich alles geändert. Das Buch bekam einen lustigeren Titel, ein originelleres Cover und ich habe mir ein Pseudonym zugelegt, das zur Story passte. Der Klappentext wurde auch noch einmal komplett verändert.

Die Einschätzung dieser wildfremden Leute war echt Gold wert. Es ist wichtig, dass man nicht nur nach dem eigenen Geschmack geht, sondern vor allem danach fragt, was die Zielgruppe anspricht. Jedenfalls führte die verbesserte Aufmachung des Buches dazu, dass eine große Buchhandelskette gleich mal 100 Exemplare orderte – wohlgemerkt von einem Debütautor! 

Vertraust du denn heute immer noch so strikt auf die Meinung der Zielgruppe?

Über die Cover lasse ich meistens immer noch abstimmen, und zwar von meiner Community auf Facebook. Zumindest über Details. Da stelle ich dann beispielsweise zwei verschiedene Cover zur Wahl. Wobei es aber vorkommen kann, dass ich mich auch mal gegen die Mehrheit entscheide, wenn meine Cover-Designerin ein wichtiges Argument für die andere Option hat. Da vertraue ich ihr dann natürlich.

Aber die Abstimmungen geben mir ein gutes Gefühl, wie meine Zielgruppe reagiert. Man hat ja selbst oft so einen Tunnelblick. Und wie heißt es so schön? Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Da bin ich komplett Dienstleister. Auch beim Titel dürfen die Leserinnen und Leser oft mitsprechen. Wo sie allerdings nicht mitentscheiden, das ist beim Klappentext, denn das ist eh das Schwierigste und da sitze ich oft länger als an einem Kapitel.

Hast du denn abschließend noch einen Tipp für Autorinnen und Autoren, die ebenfalls den Wunsch haben, künftig vom Schreiben zu leben?

Mein Tipp ist: Nimm dich selbst nicht so wichtig! Und gleichzeitig sage ich aber auch immer: Du musst unbedingt an dich glauben.

Das ist gar nicht so widersprüchlich: Ich beobachte, dass viele Kollegen und Kolleginnen unheimlich verbissen sind, was ihre Ziele angeht. „Ich will unbedingt mit meinem Buch auf Platz eins in die Kindle-Charts kommen.“ Aber diese Ziele dienen in erster Linie dem Ego, denn oft werden sie über jede Menge 99-Cent-Aktionen erreicht. Wenn ich aber mit meinen Büchern meine Miete bezahlen will, ist es egal, ob das Buch jetzt auf Platz 1 oder ein bisschen weiter hinten steht, solange es genug Fans gibt, die sich darauf freuen und die dann auch bereit sind, einen fairen Preis dafür zu bezahlen.

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass es etwa zwischen acht und zehn Jahren braucht, bis man von seinen Büchern leben kann. Ich habe meinen Brotjob nach und nach reduziert und wurde nach neun Jahren Vollzeitautor. Also bin ich ganz gut im Schnitt. 

Mir war auch immer wichtig, dass ich selbst Spaß daran habe, denn alles andere bringt nichts. Und natürlich braucht es auch ein bisschen Glück, um Erfolg mit seinen Büchern zu haben. 

Vielen Dank, lieber Dany, für die spannenden Einblicke und weiterhin viel Spaß und Erfolg beim Schreiben!

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